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Zwölfjähriger Mongole soll abgeschoben werden

■ Grüne schalten Petitionsausschuß ein, der nun über die Abschiebung entscheiden wird

Die Ausländerbehörde will wieder ein zwölfjähriges Kind abschieben. Der Mongole Enchbajr A., der als unbegleitetes minderjähriges Flüchtlingskind in einem Neuköllner Kinderheim lebt, bekam am Donnerstag die Aufforderung, sich am 14. September im Polizeigewahrsam Tempelhofer Damm „zur Durchführung der Abschiebung“ einzufinden. Die Abschiebung konnte ausgesetzt werden, da die Grünen-Politikerin Rita Kantemir den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses einschaltete. Es gibt eine Vereinbarung zwischen Abgeordnetenhaus und Landesregierung, wonach nicht abgeschoben wird, bis der Ausschuß eine Stellungnahme vorlegt.

Enchbajr A. hatte nach eigenen Angaben im Alter von sechs Jahren den Kontakt zu seinen Eltern verloren. Er wuchs bei der Großmutter auf. Die sei vor gut einem Jahr gestorben, gab der Junge an. Der damals Elfjährige kaufte von dem Nachlaß der Großmutter eine Fahrkarte nach Berlin. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes Treptow wurde zum Vormund bestellt und stellte für ihn einen Asylantrag. Der wurde abgelehnt.

„Die Biographie des Mongolen gibt keinen Hinweis auf eine politische Verfolgung“, sagte Rita Kantemir. „Demnach hätte der Vormund keinen Asylantrag stellen, sondern den Aufenthalt über eine Duldung oder eine Aufenthaltsbefugnis legalisieren müssen.“ Nach der UN-Kinderrechtskonvention seien die Vormünder verpflichtet, den Aufenthalt zu legalisieren oder sich um eine kindgemäße Betreuung im Herkunftsland zu kümmern, so Kantemir.

Kantemir ist nicht generell gegen eine Rückführung von Jugendlichen, „aber die Behörden müssen nachweisen, daß das Kind versorgt wird“. Daran hat Kantemir begründete Zweifel: Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hatte im April 1997 die Rückführung von unbegleiteten Jugendlichen in die Mongolei für rechtswidrig erklärt, wenn die Minderjährigen glaubhaft machen können, dort keine Angehörigen zu haben. Die Innenverwaltung konnte gestern keine Stellungnahme abgeben, da ihr die Akten des mongolischen Jungen noch nicht vorliegen. Das Jugendamt Treptow, das auch verpflichtet wäre, bei Rückführungen die Betreuung im Herkunftsland vorzubereiten, hatte gegenüber der grünen Fraktion in Treptow angegeben, dazu keine Kapazitäten zu haben. Marina Mai

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