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Ö-korrekt inhalieren

Mit einer Öko-Zigarette ohne chemische Zusatzstoffe soll Bioladen-Kunden das Gewissen erleichtert werden. Die Zielgruppe reagiert bislang skeptisch  ■ Von Martin Reichert

In einigen Berliner Bioläden wird seit kurzem die Versöhnung von blauem Dunst mit grüner Gesinnung propagiert: Die „Natural American Spirit“-Kippe besteht zu hundert Prozent aus Virginia-Tabak und ist absolut frei von chemischen Zusatzstoffen. Außerdem unterstützt der Hersteller nicht den Ku-Klux-Clan, sondern den „Native American Rights Fund“. Schließlich beruft man sich auf die indianische Tradition des Tabakrauchens, was sich auch im Ethno- Packungsdesign niederschlägt. Die Santa Fe Natural Tobacco Company hat übrigens auch den „Pow- Wow“-Mix im Sortiment, eine spezielle Tabakmischung für indianische Zeremonien. Der durchschnittliche Konsument, Zielgruppe „Szene“ und „Öko“, bekommt in ausgesuchten „deutschen Szeneläden und Naturkost- Geschäften“ ein Softpack mit 20 Zigaretten für sechs Mark. Dafür ist der Tabak sehr eng gestopft, in jeder Zigarette ist etwa 20 Prozent mehr Inhalt als in herkömmlichen Glimmstengeln. So kommen beachtliche Werte von 1,6 mg Nikotin und 12 mg Kondensat zustande (gibt's jetzt auch in light mit 0,6 mg Nikotin und 5 mg Teer). Dem Anwender wird empfohlen, seine wegen fehlender Konservierungsstoffe im Kühlschrank gelagerte „American Spirit“ vor Gebrauch erst mal durchzukneten, damit sich der Tabak lockert.

Die zielgruppenkompatiblen Raucher bleiben allerdings skeptisch. Pädagogik-Studentin Sandra Sturhahn findet die Feinschmecker-Zigarette nicht nur im Geschmack zu lasch: „Das ist doch der absolute Konsum-Schnick- Schnack. Der Tabak ist nicht ökologisch angebaut und auf umweltverpestende Filter wird auch nicht verzichtet.“ In der Tat bedeutet die Aufschrift natürlicher Tabak lediglich, daß die Pflanzen eben auf dem Feld gewachsen sind. Von biologisch kontrolliertem Anbau nach EU-Richtlinien kann keine Rede sein, nach Angaben des Herstellers ist auf dem Weltmarkt nicht genügend organisch angebautes Material zu bekommen. Dennoch hat Wolfgang Stange die Zigaretten im Sortiment seines Bioladens „Vier Jahreszeiten“ in Weißensee: „Es gibt eben viele Menschen, die sich gesund ernähren und trotzdem rauchen. Natürlich ist da Nikotin und Teer drin, aber auf Parfüm und andere chemische Additive wird verzichtet.“

Handelsübliche Zigaretten enthalten oft bis zu 500 Zusatzstoffe wie Glycerin, Propylen und Glycol. Für den typischen Geschmack sorgen Aromastoffe, damit die Zigarette zwischen den Zügen nicht erlischt, werden chemische Abbrennhilfen zugesetzt. Überzeugen kann das Horia Fabini-Cerlinca, Schauspieler und Vielraucher, dennoch nicht: „Da hat jemand eine Marktlücke gefunden. Eigentlich krebserregend sind doch nicht die Zusätze, sondern der Teer. Außerdem sind die Dinger unaromatisch und lassen sich zu schwer ziehen.“

In Amerika erfreuen sich die Öko-Zigaretten zwar bereits großer Beliebtheit, Ulrich Brehmer verkauft in seinem Tabakladen in der Kastanienallee zur Zeit jedoch nur eine Stange „American Spirit“ in der Woche und die Kundschaft rekrutiert sich hauptsächlich aus US-Amerikanern. Er ist aber überzeugt, daß der Trend wie immer zeitverzögert aus Amerika rüberschwappen wird. „Bewußt rauchen“ ist für ihn der neue Slogan. Vielleicht hat man in diesen harten Zeiten als Raucher mit dieser Marke einfach ein besseres Gewissen als mit dem Päckchen Schmuggel-West vom Vietnamesen. Alles ganz natürlich, kein chemischer Zusatzqualm und die „Indianer“ werden auch noch unterstützt.

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