■ Den Lutscher drängt es zum Dessous: Damenwäsche mit Bernd Fritz in der „FAZ“: Gleitcremeprosa
Wenn ein Redakteur des FAZ Magazins vom Wunsch gepackt wird, seine Frau halbnackt zu fotografieren, dann sagt er das nicht so, sondern er fängt das Herumklettern an: „Als ich noch jung und verheiratet war und auch sonst allerlei Grillen in meinem Kopf zirpten, zählte zu den vernehmlichsten, eine Zeitlang jedenfalls, der Wunsch, von meinem wohlschaffenen Weib ein erotisches Foto zu schießen. Allein, die beileibe nicht prüde Person begegnete dieser Anwandlung niederer Minne mit strikter Ablehnung. Insistierte ich, wandelte sich diese Entrüstung, verbunden mit Zweifeln an meinem Verstand, welche sie in die Wendung kleidete, sie glaube, ich hätte sie nicht alle. Es erwies sich alsbald als untunlich, davon überhaupt anzufangen; ich gab Ruhe, der Wunsch freilich blieb wach. Es läßt sich sogar sagen: Er wurde wachgehalten.“
Geschrieben hat das verdruckste Zeug vom „wohlschaffenen Weib“, das „beileibe nicht prüde“ ist, o nein, „beileibe nicht“, der Frankfurter Journalist Bernd Fritz, im FAZ Magazin zuständig für eine „Boulevard“ betitelte Strecke mit Konsumtips. Regelmäßig aber gibt Bernd Fritz auch seinem Ehrgeiz nach, aus einer Anzeigenbeilage ein Herrenmagazin zu machen. Dann sucht er sich ein paar Fotos von spärlich bekleideten Frauen und dichtet los. „Nicht das Haupt der Frau wird diesen Sommer verschleiert werden, sondern ihre erdnäheren Reize“ – also die Füße? Nein: – insbesonderheit Busen, Nabel, Po und Schenkel“, schreibt Bernd Fritz in einer Geschichte über durchsichtige Kleider und gerät dabei schwer in Fahrt. „Welches Make-up für welchen Busentyp zu welchem Blusentyp?“ Das sind so Fragen; halbsteif knistert Altherrensex auf aus der Gleitcremeprosa des Bernd Fritz.
Ob der Mann darüber räsoniert, wie man sich mit Hilfe japanischen Essens Frauen gefügig macht oder ob er mit offener Hose einem „Girl in Gelb“ hinterhertrottelt – schmierig ist er immer. Sein jüngstes feuchtes Stückchen beschäftigt sich mit Frauen, die aus Autos steigen, wobei ihnen dann etwas verrutscht, weshalb Bernd Fritz ihnen sonstwohin gucken kann. Das findet er toll, macht den Spanner und schreibt das auf: „Aussteigerinnen: D(r)amen zwischen B- und C-Säule“ ist ein Text betitelt, in dem Fritz auch auf den „Innenschweller“ zu sprechen kommt, also auf sich selbst. Entsprechend nuttig ist seine Lyrik: „Ob blond, ob braun, ob arm, ob reich, am Bordstein sind sich alle gleich/ Ob schwarz, ob weiß, ob jung, ob alt, bei Ausstieg zeigt sich manch Gestalt.“ Der Mann kennt sich halt aus mit Frauen. Was sonst kann man aber auch erwarten von einem, der über sich selbst sagt: „Ich war der Lutscher.“ Und genau der war er: der Lutscher der Nation, der Mann, der einmal Thomas Gottschalk hereinlegte, indem er behauptete, er könne die Farbe von Buntstiften am Geschmack erkennen, was natürlich geschummelt war. Das war der große Tag im Leben des Bernd Fritz, davon sprach und schrieb und zehrte er noch lange. Der ehemalige Französisch- und Deutschlehrer aus Worms, der nach langem Drängeln Chefredakteur der Titanic geworden war, hatte es geschafft: Er war im Fernsehen. Büßen mußten dafür seine Kollegen; hundertfach bekamen sie die Geschichte erzählt – dafür verschonte sie Fritz immerhin mit seiner selbstgebastelten Humortheorie, die er sonst mehrfach täglich kundtat: „Le – lu – la, lesen – lustig – lachen, so funktioniert ein komischer Text!“ Und weil er von Humor schon damals soviel verstand wie heute von Frauen, erschienen seine gesammelten Werke bei „rororo Tomate“ für 8 Mark 80, also quasi im Präventivramsch.
Verglichen mit seinen öligen Stammeleien über „Busen- und Blusentypen“ aber waren die Komikversuche von Bernd Fritz noch harmlos; wenn er jetzt aus der FAZ, die früher noch von Alfred Andersch als „Zeughaus rechtsgerichteter Politik“ gelobt wurde, einen Wäschekatalog macht, ist das unfreiwillig subversiv.
Wenn er es auch gar nicht weiß, so wird Bernd Fritz sein Blatt doch sukzessive in den Ruin schreiben: Wo einmal Geist war, ist jetzt Grütze/ und eine kleine Samenpfütze./ Die hinterließ – Ein Mann, ein Witz! –/ der schlüpfrige Bernd Wäsche-Fritz.
Untoten soll man nichts Böses nachsagen, aber ich habe ans Fatum doch eine Bitte: Möge Bernd Fritz auf sich selbst ausgleiten. Das Zeug dazu hat er. Wiglaf Droste
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