Die Geister, die ich rief...

■ Heute findet im Schlachthof die „Grufties gegen Rechts-Party“ statt. Mit dabei: Diverse DJs sowie „Steril“ und „Lichtmaschine“

Die sogenannte „schwarze Szene“ ist alles andere als homogen. Im Gegensatz zu den Punkern hat sich die Gemeinde der Grufties, Waver und Industrialmetaller nie so richtig auf ein politisches Fundament einigen können. Naturmystizismus, grobschlächtige Ästhetik und die üblichen Zutaten wie Keltenkreuze und Hakenkreuze provozieren sowieso nicht mehr, sie können höchstens missverstanden werden. Konnten viele Bands noch als „Provo-Theater“ abgetan werden, hat sich inzwischen ein harter Kern von echten Nazis in die Szene eingeschlichen, die nicht einfach nur die bösen Buben spielen wollen.

Die Szene-Gazette „Zillo“, mit Postern und Bravo-Inhalten für jüngere Fans konzipiert, beherbergt seit längerem den ständigen Redakteur der „Jungen Freiheit“, Peter Boßdorf, und Alt-Nazis wie den Verleger Werner Simanek – Versuche, sich mit Labels und Werbung in der Szene zu etablieren. 1996 produzierte Simanek eine Doppel-CD zu Ehren von Leni Riefenstahl, auf der sich alles wiederfand, was längst verdächtig schien. Bands wie „Death in June“ (benannt nach dem Todesmonat von SA-Führer Ernst Röhm), „Forthcoming Fire“ oder „Strength through Joy“ (Kraft durch Freude!) bieten eine differenziertere Form von Nazi-Unterhaltung als Nazi-Skinheads mit zwei Akkorden und konnten sich auch mit hohen Verkaufszahlen etablieren.

Eine Handvoll DJs aus Bremen hat nun die Initiative ergriffen und eine Broschüre namens „Die Geister, die ich rief“ herausgegeben, die auf ein großes Echo gestoßen ist. In Berlin hat sich sofort eine Gruppe gebildet, die das Heft nachgedruckt und bundesweit verteilt hat.

„Der Bedarf an Information ist sehr hoch. Wir bekommen täglich Post und e-mails“, erzählt DJ Igel. „Wir haben mit der 2. Auflage bereits 8.000 Stück vertrieben und werden noch eine dritte, komplett überarbeitete Auflage machen.“ Heute abend findet in der Kesselhalle eine begleitende Veranstaltung statt, um das Geld für den Druck der Gratis-Broschüre wieder reinzukriegen. Erwartet werden die DJs Kersten, Frank-Eric, Alpha, Deja Vu, Vincent van Goth und Nora Below. Letztere ist auch Sängerin von „Lichtmaschine“, die zusammen mit der Oldenburger Band „Steril“ den Abend eröffnen.

Nebenbei ist Below auch noch Malerin, Fotografin und vor allem Comiczeichnerin. Ihr drittes Heft „Below Comics“ ist vergriffen, und seit sie ihre Comicschule in Schweden verlassen hat, um nach Bremen zu ziehen, wird sie vom Comic-Magazin „Panel“ hofiert.

Below arbeitet „selbstbiographisch“, wie sie es nennt, fotografiert Poträt-Situationen und macht daraus großformatige Gemälde, ein Tagebuch von Begegnungen und Beziehungen. „Ich mache meine Freunde zu Kultfiguren“, kommentiert die Künstlerin lakonisch ihre extrem hippe Arbeitsweise und gibt sich bescheiden. „Lichtmaschine“ war ursprünglich ein Projekt in Kapstadt, aber die Musiker hatte es nach London, Bremen und Berlin verschlagen

„Steril“ haben seit den Achtzigern einen Wandel vom tanzbarem Lärm zu einer Mutation der Electronic Body Music durchlaufen, die mal das Fundament von Big Beat verlegt hat, also Software zum Tanzen abgibt und dazu einen alten Schreihals wie den Herren von „Prodigy“ auf die Bühne bringt. Kontakt Music for a new Society, c/o St. Pauli Str.10/12, 28203 Bremen oder febauni-bremen.de.

Tommy Blank

Schlachthof, 20.30 Uhr