: Ohnsorg Hamburgs Haushalt sanieren
Senat verkauft 137 städtische Grundstücke und Behördengebäude ■ Von Sven-Michael Veit
Heidi Kabel bekommt einen neuen Vermieter: Den CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Ehlers, im Hauptberuf Vorstandschef der Sprinkenhof AG. Diese städtische Grundstücks-Gesellschaft wird der Hansestadt das Ohnsorg-Theater abkaufen. Die Kaisergalerie in den Großen Bleichen 23 - 27, in der das hamburgischste aller Theater residiert, ist Teil eines Immobilien-Deals, den Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) gestern bekanntgab. Außerdem beschloß der Senat gestern, 87 Behördengebäude für 1,4 Milliarden Mark an eine neuzugründende städtische Gesellschaft zu verkaufen.
Sofern die Bürgerschaft beiden Geschäften zustimmt, woran kaum zu zweifeln ist, würde das leere Stadtsäckel deutlich gefüllt werden. Denn allein im Betriebshaushalt für das laufende Jahr klafft eine Lücke von 600 Millionen Mark; für 1999 schätzt die Senatorin den Fehlbetrag derzeit auf „bis zu 1,2 Milliarden Mark“.
Mit Wirkung zum 1. Januar nächsten Jahres verhökert die Stadt für 282 Millionen Mark 50 Grundstücke und Gebäude an die Sprinkenhof AG, die den Kauf zu 100 Prozent durch Kredite finanziert. Dazu gehören neben der Kaisergalerie beispielsweise auch die historischen „Kramer Amtsstuben“ in der Altstadt und der Kiez-Club „Grünspan“. In 20 der Objekten befinden sich zusammen 55 Wohnungen, für die, so Nümann-Seidewinkel, „ein erweiterter Mieterschutz vereinbart wurde“. Er soll die BewohnerInnen vor Eigenbedarfskündigungen und Luxusmodernisierungen „über die gesetzlich normierten Mieterrechte hinaus“ schützen.
Ebenfalls zum Beginn des neuen Jahres soll die Kommanditgesellschaft Verwaltung Hamburgischer Gebäude (VHG) 87 Behördengebäude für 1,4 Milliarden Mark von der Stadt übernehmen. Darunter befinden sich die Baubehörde oder das Bezirksamt Nord ebenso wie die Finanzämter Schlump und Elb-ufer und sogar die Finanzbehörde selbst.
Die Senatorin muß sich dennoch nicht nach neuen Räumen umsehen: Sie wird, ebenso wie die anderen Behörden, ihr Gebäude am Gänsemarkt von der VHG zurückmieten, „für 4,5 Millionen Mark netto/kalt im Jahr“, wie Nümann-Seidewinkel errechnet hat.
Der Sinn dieses Deals, der unter dem Etikett „Gebäudemanagement“ firmiert, ist ein doppelter. Kurzfristig bekommt Hamburg, ebenso wie beim Sprinkenhof-Geschäft, Bares in die Kasse, um die laufenden Ausgaben bezahlen zu können. Denn Geld leihen darf sich die Stadt nicht mehr: Die Höhe der Kreditsumme darf verfassungsrechtlich die Summe der Investiti-onen nicht überschreiten. Aber städtische Töchter wie Sprinkenhof und VHG dürfen Kredite aufnehmen, die sie auf Heller und Pfenning an die Stadt weiterreichen.
Der zweite Sinn ist eher eine Hoffnung: Die betroffenen Behörden würden, so Nümann-Seidewinkel, künftig als Mieter „mit der Ressource Raum kostenbewußter“ umgehen.
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