: Polizeischulung für Wachschützer
■ Zwei Mitarbeiter des privaten S-Bahn-Wachschutzes werden von der Polizei fortgebildet. GdP kritisiert möglichen Einblick in Ermittlungsakten. Datenschutzbeauftragter prüft den Vorgang
Polizeipräsident Hagen Saberschinsky muß dem Datenschutzbeauftragten in einer delikaten Angelegenheit Rede und Anwort stehen: Seit Anfang September schult die Polizei zwei Mitarbeiter des privaten Wachschutzes der S-Bahn GmbH. Das persönlich zugeschnittene Fortbildungsprogramm beinhaltet eine Einführung der Wachleute in nahezu alle Bereiche des Polizeidienstes. Dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, ist zu Ohren gekommen, daß die Wachschützer auch Zugang zu sicherheitsrelevanten und persönlichen Daten bekommen haben. „Wenn das zutrifft“, so Schönberg, „ist es ein Skandal.“
Die Polizeipressestelle wies die Vorwürfe entschieden zurück. Wegen des erhöhten Fahrgastaufkommens in der S-Bahn sei nur eine Hospitation von ausgesuchten Mitarbeitern bei der Polizei vereinbart worden. Hierbei handele es sich weder um eine Beschulung noch um eine Ausbildung privater Wachschützer, hieß es in einer Erklärung. Die Mitarbeiter der S-Bahn-GmbH würden zudem mit den Bestimmungen des Datenschutzes vertraut gemacht und hätten auch eine für diesen Bereich vorgeschriebene Erklärung unterzeichnet. Die Frage ist jedoch, ob diese Erklärung ausreicht. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes müssen sich nämlich in einer anderen Form zum Stillschweigen verpflichten als frei Beschäftigte.
Die achtwöchige Forbildungsmaßnahme der Wachschützer soll noch bis Ende Oktober in der Direktion 2 (Charlottenburg, Wilmersdorf) stattfinden. Der Ablaufplan, der der taz vorliegt, sieht Einweisungen in nahezu alle Tätigkeiten eines Polizisten und Kripobeamten vor. Der Besuch einer Gefangenensammelstelle und die Begleitung des „Unterabschnitts Strafverfolgung“ anläßlich eines Fußballbundesligaspiels im Olympiastadion gehört eher zu den harmlosen Dingen. Brisanter scheint eine Beschulung im Fernmeldewesen oder eine Einweisung in das Referat Verbrechensbekämpfung zu sein, wenn den Wachschützern dabei Einblick in Ermittlungsakten und Zugang zum polizeilichen Informationssystem für Verbrechensbekämpfung (ISVB) gewährt wird. Ein Kripobeamter, der einen der Wachleute ausbilden sollte, hatte dies mit der Begründung verweigert, er halte die Maßnahme für rechtswidrig. Der Kripobeamte hatte sich deshalb direkt bei Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) beschwert.
Die Sprecherin des Datenschutzbeauftragten, Claudia Schmid, bestätigte gestern, daß der Fall datenschutzrechtlich geprüft wird. Der Polizeipräsident sei um Stellungnahme gebeten worden. Bevor diese nicht eingegangen sei, so Schmid, könne keine Bewertung erfolgen. Die GdP fordert eine restlose Aufklärung. Wenn die Polizeiführung partout private Wachschützer ausbilden wolle, müsse dafür ein richtiges Programm ausgearbeitet werden, sagte Schönberg. Außerdem dürfe dies nicht zum Nulltarif geschehen. Von der S-Bahn war keine Stellungnahme zu erhalten. Plutonia Plarre
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