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Insel zu verkaufen

So mancher möchte ein Eiland besitzen. Bei Farhad Vladi in Hamburg gibt es Inseln zu erwerben. In der Südsee oder im Atlantik. Pro Jahr verkauft Vladi ungefähr vierzig Traumobjekte. Der Geschäftsmann selbst sieht sich allerdings nicht als Immobilienmakler, sondern als „Kunsthändler“: Als jemand, der mit Schönheit operiert  ■ Von Karin Gothe und Ulrike Knöfel

Farhad Vladi handelt mit paradiesischen Objekten – und er ist erfolgreich. Seit über 25 Jahren verkauft er Inseln, im Atlantik oder in der Südsee. Für 600 Inseln fand er schon neue Besitzer. Seit ein paar Jahren vermittelt er auch Inselurlaube. Kein schnöder Tourismus natürlich. Vladi erfüllt Träume. Inseln, sagt er, seien so einmalig wie Gemälde von van Gogh oder Rembrand. Und er, Vladi, sei der Kunsthändler der Natur. Jemand, der „mit Schönheit operiert“.

In den späten sechziger Jahren hörte er, daß man Inseln kaufen kann. Damals studierte er in Hamburg, verdiente nebenher mit Schmuckimporten Geld. Sofort inserierte er in asiatischen Zeitungen: „Vladi sucht Inseln.“ Die Seychelleninsel, die ihm angeboten wurde, war wunderschön, aber leider sehr teuer. Trotzdem griff er zu und zeigte Fotos von Cousine-Island bei besserbetuchten Bekannten herum.

Endlich, 1971, kauften drei befreundete Geschäftsleute die Insel, darunter der Unternehmer Albert Darboven. Vladi hatte seine erste Insel vermakelt und bekam 30.000 Mark Provision. Nun begann er, auf Landkarten nach Inselgruppen zu suchen, telefonierte, recherchierte und reiste zu den meist privaten Eigentümern. Mit seinem Studienfreund René Böhm arbeitete er bis Mitte der achtziger Jahre zusammen. Heute sind sie allerdings Konkurrenten.

Pro Jahr verkauft Vladi dreißig bis vierzig Inseln, zur Auswahl hat er meist gut fünfzig. Er selbst besitzt eine Insel in der kanadischen Wildnis, mit einem Blockhaus „mit ganz viel Glas“, durch das er die Natur genießt. Ein zweites Eiland in Neuseeland teilt er sich mit Freunden. 4.000 Schafe gehören zum Idyll. Sogar seine Hobbies sind inseltauglich: Schwimmen, Tauchen, Fotografieren.

Der 53jährige mit den kaukasischen Vorfahren spricht mit dem leicht nasalen Klang der Hamburger Villenvororte. Wohl, weil sein Metier so exotisch ist, legt der promovierte Volkswirt besonderen Wert auf eine betont distinguierte Erscheinung. Als Geschäftsadresse von „Vladi Private Island“ hat er zwei Stockwerke am noblen Ballindamm gewählt, direkt an der Binnenalster. Daß Vladi seit 1978 auch noch kanadischer Staatsbürger ist, hat einen geschäftlichen Grund. Er ließ sich einbürgern, um ein Büro im kanadischen Halifax eröffnen zu dürfen.

Vladi ist vor allem ein Makler von Immobilien. Doch ungern hört er so alltägliche Berufsbezeichnungen: Inseln seien schließlich mehr als schlichte Grundstücke und er mehr als ein schnöder Immobilienmakler. Zu seinen Kunden entwickele er eine persönliche Beziehung. Auf der Suche nach der richtigen Insel reise er mit ihnen durch die ganze Welt. Er laufe mit ihnen gemeinsam in Badehosen über den Strand, und abends erzähle man sich gegenseitig seine Lebensgeschichten.

Wichtig ist dabei vor allem, Diskretion zu wahren. Einer Popgruppe sollte er sogar auf die Bibel schwören, keine Namen zu nennen. Prominente, die in seinem Adreßbuch stehen, kaufen eben nicht nur Land, „sie kaufen auch Exklusivität“.

Vladis Kunden: Einer richtet sich seine Insel mit Villa und Tennisplatz ein, dem anderen reicht ein einfaches Blockhaus. Vladi betont immer wieder, daß Inselkauf kein Privileg der Reichen ist. „Man muß kein Millionär sein, um ein glücklicher Inselbesitzer zu werden“, sagt er. „Wer sich ein Auto leisten kann, kann sich auch eine Insel leisten.“

Mit dem Geld für einen alten Gebrauchtwagen kommt man allerdings nicht weit. Eine Insel kann 50.000 Mark – dann aber ohne Haus oder Hütte – oder einige Millionen kosten. Für eine Woche Urlaub in einem Schloß auf einer italienischen Insel muß man 63.000 Mark, für einen Tag auf einer indischen Koralleninsel knapp 200 Mark bezahlen.

Und wer sich's leisten kann, wünscht auch nach dem Kauf von „Vladi Private Islands“ versorgt zu werden. Läßt sich jeden Morgen per Boot frische Brötchen und eine Zeitung auf die Insel bringen. Ob auf den Malediven, Seychellen, in der Südsee, vor Irland oder in Skandinavien: Niemand soll den Kauf bereuen, weil der Rasen nicht gemäht ist oder etwa die richtige Champagnersorte nicht im Kühlschrank steht. Vladi achtet vor dem Kauf darauf, daß die politische Lage in der Region stabil, das Eigentumsrecht verbrieft, Frischwasser vorhanden ist – und sogar darauf, daß keine stechenden Insekten stören.

„Um eine Insel zu genießen, braucht man ein Minimum an Zivilisation.“ Nur Natur, „das sei es nicht“: Das ist Vladis Auffassung von Paradies. So lockt er – alles bunt und auf Hochglanzpapier – mit pompösen Villen, Whirlpool, Fax und Fitneßraum. Er schwärmt von der Natur und bietet Luxus. Den Kindheitstraum, einmal wie Robinson zu hausen, können Kunden für drei Tage auf der einsamen Isla Robinson Crusoe vor Chile ausleben. Es ist die Insel, auf der 1704 der schottische Matrose Alexander Selkirk landete, das historische Vorbild für den Romanhelden. Für knapp zehn Dollar am Tag. „Aber wer möchte schon wirklich wie Robinson länger in einer Höhle leben?“ fragt Farhad Vladi.

Offenbar niemand. Denn er begrenzt den Aufenthalt von vornherein auf drei Tage. Und für 485 Mark liefert er die Ausrüstung für den – äußerst bequemen – Überlebenskampf mit. Zelt, Angelrute und Hängematte, mit Taschenmesser, Solarzelle, Kompaß, Mineralwasser, Korken, Briefpapier für Flaschenpost und ein Exemplar „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe. Alles akkurat verpackt in eine elegante Inseltasche aus weißblauem Kunstleder: ein wenig maritimer Schick für das einsame Dasein, eigens entworfen von einer italienischen Designerin.

Vladi Private Islands, Ballindamm 7, 20095 Hamburg

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