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BHV-Sieg in Kennzeichenschlacht

■ Seestadt emanzipiert sich über Nummernschild bei Autos

BHV. Der Bremer Bausenator Bernt Schulte (CDU) hat den Weg für ein eigenes Bremerhavener Kennzeichen und damit eine eigene Seestädter Identität freigemacht. Das Bauressort hat gestern mitgeteilt, daß dem Wunsch des Seestädter Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung entsprochen wurde. Ein Antrag zur Zuteilung eines BHV-Kennzeichens ist jetzt an das Bundesministerium für Bau und Verkehr ergangen. Mit einer endgültigen Genehmigung rechnet man in Bremerhaven zu Ostern, in der Baubehörde zum 1. April.

Zur Begründung des formalen Antrags an die Bonner Behörde hieß es aus dem Bauressort, es habe weder etwas für noch gegen den Bremerhavener Wunsch gesprochen. Zumal die alten Kennzeichen vorerst gültig bleiben. Für Kfz-HalterInnen entstehen also keine Zusatzkosten. Es sei denn, sie lassen sich aus eigenem Antrieb ein neues Nummernschild verpassen. Sonst werden selbige bei der Erstzulassung vergeben. Auf die Seestadt selbst kommen Kosten in Höhe von 7.000 Mark zu, weil sie ihren Fuhrpark sofort nach der Genehmigung umrüsten lassen will.

In der Seestadt herrschte gestern eitel Sonnenschein über die Nachricht. Oberbürgermeister Manfred Richter (FDP) jubilierte: „Ich freue mich, daß der Bausenator unserem Wunsch nachgekommen ist.“ Die Seestadt wolle sich keinesfalls vom Land Bremen abkoppeln, sondern lediglich kommunales Selbstbewußtsein demonstrieren und ihre Identität stärker betonen. Richter hatte bereits im Sommer zum Auftakt seiner Initiative gesagt: „Wir sind es leid, außerhalb Bremerhavens immer wieder als Stadtteil von Bremen angesehen zu werden.“ Schließlich sei Bremerhaven die einzige Großstadt Deutschlands ohne eigenes Kennzeichen.

Die Möglichkeit, daß sich jetzt noch das Bundesverkehrsministerium querlegt, ist äußerst gering. Es gibt bisher keinen Fall, in dem ein solches Begehren abgelehnt wurde. Es muß lediglich geprüft werden, ob es die Buchstabenkombination BHV bereits gibt oder ob sie in irgendeiner Form verfänglich ist. Wie berichtet, könnten sich so etwa die Bayerischen Sexauer die naheliegendste Kombination für ein eigenes Kennzeichen abschminken.

Im Anschluß daran gibt es formal allerdings noch eine letzte Hürde, an der das BHV scheitern könnte – der Bundesrat. Und Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) gilt als Gegner des separatistischen Kennzeichens. Ob er es aber wagt, sich 61.000 Bremerhavener AutoinhaberInnen entgegen zu stellen? Jeti

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