: „Apo“, der selbsternannte Retter des kurdischen Volkes
■ Abdullah Öcalan (49) hält sich für einen Auserwählten seines Volkes. Der PKK-Führer kennt zur Durchsetzung seiner Ziele keinerlei Skrupel. „Apo“, auf kurdisch: Onkel, wie ihn seine Anhänger nennen, hat seine Truppe stets diktatorisch regiert
Den einen gilt er als charismatisch, den anderen als größenwahnsinnig. Abdullah Öcalan hat von beidem etwas. Ganz sicher aber ist er von seiner Mission überzeugt, hält sich für einen Auserwählten des kurdischen Volkes und kennt zur Durchsetzung seiner Ziele keine Skrupel. Seit den kurdischen Aufstände in den 30er Jahren, damals von Atatürk und Inönü niedergeschlagen, ist Öcalan die wichtigste kurdische Führungsfigur in der Türkei.
Abdullah Öcalan wurde 1949 im Südosten der Türkei in einem Dorf bei Urfa geboren. Über die staatlichen Schulen, die die Kemalisten auch auf den Dörfern durchgesetzt hatten, kam er zum Studium nach Ankara. Entsprechend kemalistisch war Öcalan ursprünglich orientiert. Begeistert wollte er nach dem Putsch 1960 Offizier werden. Erst Anfang der 70er schloß er sich an der politischen Fakultät linken Gruppen an. Er wurde verhaftet und sieben Monate eingesperrt. In diese Zeit fällt seine Rekurdisierung. Öcalan fühlte sich auch innerhalb der türkischen Linken als Kurde diskriminiert und begann mit anderen Leidensgenossen über die Gründung einer eigenen, marxistischen kurdischen Organisation zu diskutieren. Im November 1978 gründeten dann eine Handvoll Leute die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Mit dem Putsch im September 1980 änderte sich die gesamte politische Lage in der Türkei auf einen Schlag. Alle linken Organisationen, egal ob kurdisch oder türkisch, wurden gnadenlos verfolgt. Öcalan ging mit seiner Truppe nach Syrien, zu Beginn noch mit der türkischen linken Gruppe Devrimci Yol (Revolutionärer Weg). Gemeinsam wollte man den Kampf auf den Bergen vorbereiten. Während Dev-Yol bald einsah, daß die türkische Armee militärisch nicht zu schlagen sei, startete „Apo“ seinen Kampf. Am 15. August 1984 schlugen die PKK- Kommandos das erste Mal zu.
Seitdem hat Apo viele Wandlungen durchgemacht, vom Marxisten kam er zum Islam, er wähnte sich als Auserwählter Allahs, zuletzt blieb er ein kurdischer Nationalist, der sich selbst für den einzig möglichen Retter seines Volkes hält. Apo hat seinen Laden diktatorisch regiert. Aus Leuten mit abweichenden Meinungen wurden schnell Verräter, die vor dem Revolutionsgericht der Partei zum Tode verurteilt wurden. Aussteiger, die sich nach Europa absetzen wollten, wurden zeitweise mit der gleichen Härte verfolgt und erschossen. Das letzte prominente Opfer parteiinterner Auseinandersetzungen war der bis dahin zweite Mann der Partei. Der „Fingerlose Saki“, bekanntester Feldkommandant der PKK, fiel bei Apo in Ungnade und lief Anfang dieses Jahres zur irakischen KDP über. Dort schnappte ihn das türkische Militär.
Seit Jahren hat Apo andererseits immer wieder versucht, sich als demokratisch legitimierter Führer des kurdischen Volkes darzustellen, und mit dem türkischen Staat über eine politische Lösung der kurdischen Frage zu verhandeln. Dabei war er durchaus zu Zugeständnissen bereit. Auch jetzt wird er wieder versuchen, sich als politischer Führer der Kurden einer Auslieferung zu entziehen. Die türkische Regierung ist allerdings jetzt weniger denn je bereit, ihn als kurdischen Arafat zu akzeptieren.
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