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Nord-Korea lockt Senioren mit Kaffeefahrt

■ Heute beginnt die erste kommerzielle Fahrt südkoreanischer Touristen nach Nord-Korea

Berlin (taz) – Heute abend um 18 Uhr Ortszeit soll es losgehen. Vom Hafen Tonghae an der Ostküste Süd-Koreas wird das erste Schiff mit knapp tausend Touristen zu einer fünftägigen Reise in den Norden aufbrechen. Morgen früh werden die Südkoreaner dann im nordkoreanischen Changjon an Land gehen und mit Bussen ins 1.700 Meter hohe Kumgang-Gebirge gebracht. Dort stehen Spaziergänge durch die reizvolle Landschaft auf dem Programm. Übernachtet wird wieder an Bord, bevor die nächsten Tage neue Fahrten und Spaziergänge geboten werden. Bereits am Freitag soll das zweite Schiff aufbrechen.

Am vergangenen Sonntag kehrten mehrere hundert Angestellte des Hyundai-Konzerns, der die Reise veranstaltet, von einer Generalprobe zurück. Neben Verzögerungen war es dabei auch zu Kommunikationsproblemen gekommen. Denn zwischen den verfeindeten koreanischen Staaten gibt es seit Ende des Koreakriegs 1953 keine direkten Verbindungen. Pjöngjang besteht darauf, den Funkkontakt zwischen dem südkoreanischen Schiff und seiner Heimat über ein nordkoreanisches Reisebüro in Hongkong abzuwickeln. Pjöngjang versicherte aber erneut, für die Sicherheit der Touristen zu garantieren und auf Notfälle vorbereitet zu sein.

Die südkoreanischen Touristen – zur Hälfte über 60jährige im Norden geborene Männer – dürfen während der Reise keinen Kontakt zur Bevölkerung in dem fast unbewohnten Gebiet aufnehmen. Sie dürfen Nordkoreaner unter Androhung empfindlicher Geldstrafen nicht einmal fotografieren, was ohnehin nur eingeschränkt erlaubt ist. Pjöngjang hat einen Strafkatalog erstellt, nach dem allein für das Urinieren in Nord-Koreas Natur umgerechnet 18 US-Dollar fällig werden, ein Feuer kostet pro Quadratmeter verbrannten Bodens 4.587 Dollar.

Die Reise kostet in der dritten Klasse 1.000 Dollar, in der ersten 2.400. Davon erhält Nord-Korea pro Person 300 Dollar. Die 985 Teilnehmer der ersten Fahrt wurden unter 3.463 Bewerbern für die ersten sieben Reisen ausgelost. Hyundai, dessen Reisebüro Dreamtour die Fahrt organisiert, hatte mit größerem Andrang gerechnet. Auch die Temperaturen zu dieser Jahreszeit von bis zu minus 15 Grad im Gebirge dürften Interessierte abgeschreckt haben.

Bei der heutigen Fahrt wird auch der 82jährige Hyundai-Gründer Chung Ju Yyung dabeisein. Koreas reichster Mann hatte die Reisen mit der nordkoreanischen Führung in Pjöngjang ausgehandelt. Dafür bekommt das unter einer Hungersnot leidende kommunistische Land von Hyundai in den nächsten sechs Jahren 906 Millionen Dollar. Sven Hansen

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