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„Die Stimmung ist mies“

■ Zu wenig Lehrer, zu viele Fehlstunden: Altonaer SchülerInnen machen mobil

Ganz genau weiß der 15jährige Ferhat „eigentlich nicht, warum protestiert wird“, denn „ich war krank“. Aber: „Es soll weniger Geld bezahlt werden.“ Und deshalb stand auch er gestern mittag in der Aula der Altonaer Bruno-Tesch-Gesamtschule, wo die SchülersprecherInnen Filiz Cörmert und Mika Fischer noch schnell den Demo-Ablauf erklärten: „Um viertel vor zwölf laufen wir los und treffen uns mit der Max-Brauer-Gesamtschule am Spritzenplatz.“ Knapp 200 SchülerInnen machen sich zum Abmarsch bereit.

„Wir gehen demonstrieren, weil uns Geld fehlt für Lehrer und Lehrmaterial“, bringt es einer von Ferhats Mitschülern auf den Punkt. Von Eltern und LehrerInnen sind schärfere Töne zu hören. „Die Senatorin Raab sitzt in ihrem Büro, schickt die eigenen Kinder auf die Privatschule und macht die Augen und Ohren für unsere Probleme zu“, empört sich Beate Schäfer, die sich im Elternbeirat engagiert. Und fügt hinzu: „Die Stimmung ist ganz mies, die Fehlstunden sind eh schon hoch.“ Da kann Isabel Handke nur nicken. Die Lehrerin für Chemie und Sport absolviert „zwei Hausbesuche pro Woche“, das allein koste sie vier Stunden: „Ohne privates Engagement hätte ich hier gar nicht anfangen brauchen.“

Filiz Cörmert aus der 10a hat die SchülerInnen für die Demo mobilisiert. Und erklärt warum: „In Mathe komm' ich gar nicht klar. Der Lehrer wurde krank und konnte nicht ersetzt werden. Nun hab ich drei, die sich nicht miteinander absprechen. So kann ich nicht lernen“, ärgert sich die Schülersprecherin. Auch in anderen Fächern seien Vertretungen rar. „Meine Klassenlehrerin ist schon seit drei Wochen krank“, beklagt sich die 15jährige, „und jetzt auch noch die Türkischlehrerin.“ Vertreten würden beide nicht. Ulrike aus der Neunten hat noch einen anderen Grund: „Ich gehe protestieren, weil meine Lehrerin das sagt.“

Knapp die Hälfte der 450 Bruno-Tesch-SchülerInnen nahm sich gestern Demo-frei. Ein paar von ihnen juckten die geplanten Sparmaßnahmen allerdings nicht allzu sehr: „Wir gehen jetzt Eis essen“, verkünden zwei Mädchen, während sich der Demonstrationszug in Bewegung setzt. Annette Weise

Andreas Hornung

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