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Kritischer Polizist gefilzt

■ Hamburger Beamte haben Arbeits- und Wohnräume ihres Kollegen durchsucht

Hamburg (taz) – Gerade mal zwei Wochen nach seiner Wahl zum Sprecher der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen“ (BAG) ist der Hamburger Kriminalbeamte und frühere grüne Bundestagsabgeordnete Thomas Wüppesahl von seinen „unkritischen“ KollegInnen heimgesucht worden. Acht Beamte der Hamburger Sonderkommission „Dezernat Interner Ermittlungen“ (DIE) und ein Staatsanwalt durchstöberten ohne Durchsuchungsbefehl das Haus des Kripobeamten und seiner Lebensgefährtin. Zuvor hatten die FahnderInnen die Diensträume Wüppesahls auf der angeblichen Suche nach verschwundenen Akten über Autodiebstähle gefilzt.

Wüppesahl arbeitet im Dezernat für Wirtschaftskriminalität des Landeskriminalamtes (LKA). Obwohl der Durchsuchungsbeschluß für die Diensträume die Privaträume nicht einbezog, durchkämmten die DIE-FahnderInnen auch Wüppesahls Privathaus. Auffällig war dabei laut Wüppesahl, daß „mein großes Archiv mit vielen Akten gar nicht interessierte.“ Seine Kollegen konzentrierten sich vielmehr auf Unterlagen in seinem Arbeitszimmer und dem Privatbüro seiner Lebenspartnerin. Dort wurden auch Korrespondenz mit der Innenbehörde sowie Unterlagen aus seinem politischen Engagement sichergestellt. Offizieller Anlaß der Razzia war das Verschwinden von 72 Polizeiakten in einer Außenstelle des LKA vor über zwei Jahren, die dem Dezernat „Organisierte Kriminalität“ unterstellt ist. Dahin war Wüppesahl zeitweise „strafversetzt“ worden, nachdem er Mißstände im Dezernat für Wirtschaftskriminalität aufgedeckt hatte. Seitdem gilt Wüppesahl im Polizeiapparat als renitente Person. Während Wüppesahls Anwalt die Polizeiaktion als „Skandal“ bezeichnete, hält Hamburgs Innenbehördensprecher Christoph Holstein die Razzia für „rechtlich einwandfrei“. Der kritische Polizist selbst sieht das so: „Das Imperium schlägt zurück.“ Kai von Appen

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