: Frosch oder Prinz für die Deutsche Bank?
■ Auf die angekündigte Übernahme der US-Bank Bankers Trust durch die Deutsche Bank reagierte die Börse gestern mit Kurseinbrüchen
Hamburg (taz) – Stimmen am Sonntag die Aufsichtsräte zu, wird aus der Deutschen Bank durch die Übernahme der US-Investmentbank Bankers Trust ein Finanzmulti mit 130.000 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von umgerechnet etwa 1,4 Billionen Mark. Der Bundeshaushalt erreicht mit 460 Milliarden Mark lediglich ein Drittel der neuen Deutschen- Bank-Dimensionen.
„Damit entsteht ein wirklich globaler Finanzdienstleister“, begründete Vorstandssprecher Rolf Breuer die Kaufabsicht der Deutschen Bank. Für sie bedeutet die Übernahme ein Comeback im lukrativen Investmentbanking in den USA. Noch im Frühsommer drohte das strategisch so wichtige Geschäft mit Aktien und Wertpapieren in den USA zusammenzubrechen, nachdem teuer eingekaufte Investmentbanker wie der US-Star Frank Quattrone die Deutsche Bank in Richtung Konkurrenz verlassen hatten.
Schon seit Jahren suchte die Frankfurter Großbank nach einem Übernahmekandidaten in den USA, bislang erfolglos. Zuletzt wurden erste Adressen wie J.P. Morgan als Kaufkandidaten gehandelt. Nun bietet das achtgrößte Finanzinstitut in den USA die Chance, sowohl im Geschäft mit Wertpapieren als auch in der Vermögensverwaltung in Nordamerika heimisch zu werden.
Die New Yorker Bankers Trust Corp. verspricht sich ihrerseits von der Fusion frisches Kapital und einen offenen Zugang für die Finanzmärkte außerhalb der USA.
Die Frankfurter Börse reagierte nach anfänglicher Begeisterung gestern allerdings mit einem sechsprozentigen Kurseinbruch. Mit der Bankers Trust hole sich die Deutsche Bank ein problematisches Unternehmen ins Haus, heißt es zur Begründung. Die 1903 gegründete Bank mauserte sich erst in den 90ern durch mehrere Übernahmen zu einem Investmenthaus, das stark im Geschäft mit Aktien und Risiko-Anleihen engagiert ist. Bankers Trust hatte im dritten Quartal einen Verlust von 488 Millionen Dollar ausgewiesen und soll Millionenverluste im hochspekulativen Derivategeschäft zu verkraften haben.
Die Deutsche Bank hat schon zuvor schlechte Erfahrungen mit ausländischen Investmentbanken gemacht. Der Kauf der britischen Morgan Grenfell hat sich bis heute als problematisch erwiesen.
Die Gewerkschaft HBV befürchtet zunächst einen Personalabbau in London. Gegenüber dem Deutschlandfunk bestätigte ein Deutsche-Bank-Sprecher den zu erwartenden Personalabbau. Mittelbar, so HBV-Sprecherin Christiane Zerfaß, könne aber die Fusion auch hierzulande zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen beitragen: „Ausgliederung von Konzernteilen, Tarifabstufungen und Personalabbau bilden die Kehrseite der Fusionswelle.“
Kritik kommt auch vom Dachverband der Kritischen Aktionäre. Geschäftsführer Henry Mathews gibt den Aktionären von Bankers Trust zu bedenken, daß sie mit der Fusion auch in das Rüstungsgeschäft einsteigen würden, da die Deutsche Bank maßgeblich an Daimler beteiligt sei, das Landminen produziere und führend im Projekt „Jäger 2000“ engagiert sei. Hermannus Pfeiffer
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