piwik no script img

Nachts lärmt die BSAG

■ Anwohner fühlen sich durch Baustelle gestört: Krach bis vier Uhr morgens verboten

Elfriede Schoof ist mit ihren Nerven am Ende. „Es ist zum Verrücktwerden. Ich wohne seit 40 Jahren hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, empört sich die 67jährige. „Die Wände wackeln. Das Haus bebt. Wir schlafen keine Nacht mehr“, schimpft sie. Eine Baustelle raubt den Anwohnern in der Rembertistraße und am Dobben zur Zeit den Schlaf. Im Auftrag der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) verlegt die Firma Consult-Team-Bremen, eine Tochter der BSAG, die Gleise der Linien eins und vier.

Nachts gräbt ein Bagger die Pflastersteine aus der Straße und läßt sie in einen Eisencontainer krachen. Acht Bauarbeiter sind in zwei Schichten auf der Kreuzung im Einsatz – bis vier Uhr morgens, und zwar auch am Wochenende. Die Pflaster- und Erdarbeiten lassen die Häuserwände erzittern. Durch ständiges Blinklicht ist die Straße hell erleuchtet.

„Es ist grausam“, schimpft Gerhard Holl. „Der Krach ist nicht auszuhalten. Wir haben schon überlegt, ob wir in unser Wochenendhaus ziehen.“ Auch sein Nachbar Bekir Tok ist empört: „Das ist unzumutbar. Ich habe mich im Bett von einer Seite auf die andere gedreht“, erzählt der Sachbearbeiter. „Lauter ging es nicht mehr. Das war das Schlimmste, was ich je erlebt habe“, regt sich auch Irmgard Walter auf. „Ich habe ja Verständnis dafür, daß die Bahn bauen muß. Aber so viele laute Nächte hintereinander. Das ist unverschämt. Die BSAG hätte die Bahn lieber umlegen und über die Sielwallkreuzung fahren lassen sollen.“ Auch Dirk Lüllich ist sauer: „Das ist schon extrem. Meine Frau und ich sind beide berufstätig. Dieses Krachen und Knallen ist sehr nervig.“

Lärmbelästigung durch Baustellen ist für viele BremerInnen ein alltägliches Problem. Etwa 20 bis 30 Baustellen registriert das Bauressort pro Woche. Das sind 1.040 bis 1.560 Baustellen pro Jahr. Gleisarbeiten, die nachts erledigt werden, wenn keine Bahn mehr fährt, sind für die Anwohner oft ein besonderes Ärgernis. Die Bauarbeiter gehen in der sogenannten „betriebsfreien Zeit“ zwischen 0.25 und 5.30 Uhr ans Werk – wenn die Nachbarschaft schlafen will.

Bis zu 100 Beschwerden über Lärmbelästigung durch Baustellen bearbeitet das Gewerbeaufsichts-amt jährlich. Das Amt wacht über den Lärmpegel von Baustellen. „Ein Anruf genügt, und wir gehen der Sache nach“, sagt Alexander Horn, Leiter der Gewerbeaufsicht. Eine Genehmigung, nachts zu arbeiten, bräuchten die Baufirmen nicht. Das sei allerdings kein Freibref. 60 Dezibel (besonderes Maß der relativen Lautstärke) sind in Gebieten mit Wohnbevölkerung und Gewerbe tagsüber erlaubt. In der Nacht 45 Dezibel. Horn: „Es muß aber gewährleistet sein, daß die Anwohner schlafen können. Zur Not muß der Bauherr die Anwohner ausquartieren.“

Die Beschwerden über die Baustellen der Straßenbahn, kennt er. „Mit der Straßenbahn gibt es immer Ärger. Die glauben, die Bevölkerung müsse den Lärm hinnehmen, weil sie für die öffentliche Beförderung zuständig sind. Aber auch die Straßenbahn muß sich nach den allgemeinen Gepflogenheiten richten.“

Ein Vorwurf, den Straßenbahn-Sprecher Wolfgang Pietsch nicht auf der BSAG sitzenlassen will. „Durch die Massierung von Baustellen haben wir den Leuten deutlichen Lärm zugemutet, aber manchmal geht es nicht anders.“ Kein Argument für Horn: „Zur Not muß die Straßenbahn AG Linien stillegen oder Busse einsetzen.“

Daß bei der Baustelle an der Rembertistraße „nicht alles optimal gelaufen“ ist, räumt Dr. Rudolf Schmoll, Projektleiter bei der CTB, ein. Der zuständige Sachbearbeiter habe vor seinem Urlaub schlicht und einfach vergessen, die Anwohner über die Baumaßnahme zu informieren.

Bis zum 10. Dezember sollen die Gleise am Dobben verlegt werden. In der kommenden Woche werde es allerdings wieder ruhiger, verspricht Schmoll. Die lauten Abbrucharbeiten seien vorerst abgeschlossen. Erst Ende nächster Woche werde es wieder lauter. Den Anwohnern, die sich durch den Lärm gestört fühlen, könnten sich auf Kosten der CTB in einem Hotel einmieten, bietet Schmoll an. Außerdem lädt er alle Anwohner, die sich über den Lärm geärgert haben, zum Essen ein. Schmoll: „Wir tun was wir können.“kes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen