: Die Paten und die Problemkids
■ Das bundesweit einzigartige Hilfeprojekt „Plan haben“ für straffällige Jugendliche in Norderstedt wird ausgeweitet
Der Jugendkriminalität will Hamburg mit einer „intensiven Betreuung“ sogenannter Problemkids Einhalt gebieten. „1:1“ lautet die Zauberformel: ein fester Ansprechpartner pro Person. Doch während Hamburg das Modell nun für Jugendliche einführt, die bereits straffällig wurden und gerade eben vor der Untersuchungshaft verschont bleiben sollen, setzt ein Projekt in Norderstedt schon einige Schritte früher an: „Plan haben“ ist der Versuch, Jugendliche durch persönliche Vertrauensleute vor dem Abgleiten in eine kriminelle Laufbahn zu bewahren.
Sechs Patenschaften gibt es zur Zeit in Norderstedt, weitere sollen nun hinzukommen. Die Mädchen und Jungen zwischen 12 und 14 Jahren sind schon seit längerem beim Jugendamt oder der Polizei bekannt. Die meisten haben erhebliche Probleme in der Schule, einige allein mit der Leistung, andere schon mit dem Stillsitzen. Die PatInnen sollen durch regelmäßige Treffen, gemeinsame Unternehmungen und nicht zuletzt intensive Gespräche dem Jugendlichen Unterstützung bieten.
Wolfgang Banse etwa will sich mit dem 13jährigen Daniel (Name geändert, d. Red.) auch noch treffen, wenn das eine Jahr, für das er die Patenschaft zunächst übernommen hatte, abgelaufen ist. „Die Erfolgsschritte sind klein, aber sichtbar“, sagt Banse.
Früher sei Daniel permanent als Störenfried aus dem Unterricht geflogen. Heute sei er stolz darauf, wenn er „nicht einen Mucks gesagt hat“. Neben regelmäßigen Gesprächen organisiert Banse einiges für Daniels Freizeit. So hat er etwa mit Sportvereinen vereinbart, daß der mittellose 13jährige kostenlos Kurse besuchen kann.
„Die Betreuung ist individuell auf den konkreten Jugendlichen abgestimmt“, sagt Mitinitiatorin Marion Junker. In jeder Patenschaft werden zunächst die persönlichen Ziele angestimmt. Für einige Jugendliche sei es schon ein großer Erfolg, wenn sie pünktlich zu den Treffen erscheinen.
Die Kooperation erfolgt freiwillig – auf beiden Seiten. Auch die Jugendlichen müssen sich selbst dazu bereit erklären. Die PatInnen unternehmen nichts hinter deren Rücken. Sie sprechen ab, wann sie Kontakt zu LehrerInnen aufnehmen, mit den Eltern sprechen oder sich mit anderen PatInnen beraten, was sie regelmäßig tun.
Das Norderstedter Projekt ist bundesweit einzigartig. Perspektivisch soll „Plan haben“ auch auf ältere Jugendliche ausgeweitet werden. Außerdem sollen RichterInnen die Teilnahme als Alternative zu einer Verurteilung zu Arbeitsdiensten anbieten können.
Elke Spanner
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