Kommentar: Hysterische Hetzjagd
■ Grass und Brautigan auf den Index?
Eigentlich ist eine Stelle, bei der sich Frauen über sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz beschweren können, eine gute Einrichtung. Aber wenn sie so arbeitet, wie es der Fall des Spanisch-Lehrers am Fachbereich Literaturwissenschaften zeigt, hat sie ihren Sinn verfehlt und richtet mehr Schaden an, als daß sie den Frauen nützt. Das Beschwerdeverfahren gegen den Dozenten K. erinnert an die Romane von Franz Kafka. Eines Tages wird K. zum Gespräch zitiert. Sexuelle Diskriminierung, lautet der Vorwurf. Was ihm konkret vorgeworfen wird, erfährt der Dozent zunächst nicht. Er soll sich erstmal gegen die nebulösen Anwürfe verteidigen. Obwohl gegen ihn nur eine Beschwerde vorliegt, wird er – juristisch gesehen – schlimmer behandelt, als ein Beschuldigter im Strafverfahren. In einem Strafverfahren muß dem Beschuldigten die Schuld nachgewiesen werden – nicht er muß seine Unschuld beweisen. An der Uni läuft es umgekehrt. Die Äußerung, gegen Rufmord und Erdbeben könne man sich nicht schützen, ist zynisch. Juristisch gesehen, gibt es durchaus einen Schutz vor Rufmord. Üble Nachrede und Verleumdung sind verboten. Wenn dieses Beispiel Schule macht, darf in Vorlesungen über amerikanische Literatur der Name Richard Brautigan nicht mehr fallen. Die Blechtrommel von Grass muß auf den Index. Freie Lehre ist das nicht. Das sind die Blüten einer hysterischen Hetzjagd vermeintlicher Sexisten. Kerstin Schneider
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