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Neues von der Kokken-Katze Von Ralf Sotscheck

Die Kokken-Katze ist wieder aufgetaucht. Neulich habe ich beschrieben, wie Aine bei dem vergeblichen Versuch, eine streunende dreibeinige Katze zu fangen und zum Tierarzt zu bringen, von dem Untier gebissen und mit allerlei exotischen Erregern infiziert worden war. Zwei Monate später – die Wunde ist noch immer nicht richtig verheilt – ist das Tier wieder aufgetaucht. Bis wir das gemerkt hatten, verging allerdings eine Weile.

Doch der Reihe nach: Unser elektrischer Wäschetrockner steht aus Platzmangel im Schuppen hinter dem Haus. Solche Trockner sind in Irland vor allem in dieser Jahreszeit unerläßlich, wenn man nicht in feuchter Kleidung herumlaufen möchte. Vor zwei Wochen fiel uns auf, daß die Wäsche nach dem Trocknen muffig roch. Nach erneuter Wäsche samt Trocknen war es noch schlimmer: Hemden und Hosen stanken, als ob sie geradewegs aus einer Grabkammer geborgen worden waren. In meiner Stammkneipe bezeichnete man mich schon als „Grufti“, und das hatte gar nichts mit meinem Alter zu tun.

Vorige Woche war der Schuppen dann nicht mehr betretbar, beim Öffnen der Tür schlug einem Verwesungsgeruch entgegen. Mit parfümgetränkten, bis zum Kinn heruntergezogenen Pudelmützen gingen wir der Sache auf den Grund: Die dreibeinige Katze hatte sich hinter allerlei Gerümpel in die Ecke des Schuppens gezwängt und war verreckt – genau vor dem Luftansaugstutzen des Wäschetrockners. Warum hatte sie sich ausgerechnet unseren Schuppen dazu ausgesucht, hatte sie nicht schon genug Unheil angerichtet?

Mehrere Versuche, die Katzenleiche mit einer Schaufel aus der Ecke herauszuholen, schlugen fehl, zumal man ständig zum Luftholen ins Freie mußte. Schließlich besorgte ich im Haushaltswarengeschäft um die Ecke eine Messing-Kohlenzange für 30 Mark. Damit griff Aine die Katze am Schwanz und bugsierte sie in einen schwarzen Müllsack.

Ich brachte unterdessen die Messing-Kohlenzange wieder zum Geschäft und erhielt das Geld zurück, auch wenn der Verkäufer meine Erklärung für unwahrscheinlich hielt: Ich hätte vergessen, daß wir gar keinen Ofen oder Kamin haben, wollte ich ihm weismachen.

Ich hatte jedenfalls keine Lust, Geld für die tote Katze zu berappen. Schließlich hatte das Tier bereits Kosten von umgerechnet 500 Mark für Arztrechnungen und Antibiotika verursacht, als sie noch lebte. Als ich zurückkam, hatte Aine den Müllsack sorgfältig verschnürt.

Der Tierarzt hatte versprochen, den Kadaver zu beseitigen. Und wenn ich schon mal unterwegs war, sollte ich gleich die muffigen Klamotten beim Oxfam-Laden, einem Zweite-Hand-Geschäft für wohltätige Zwecke, abgeben. Der Tierarzt bedankte sich genauso überschwenglich wie sarkastisch für die Katzenleiche, während der Dank im Oxfam-Laden von Herzen kam.

Aine hatte inzwischen den Schuppen desinfiziert und mit einem Fläschchen Sandelholzparfüm besprüht. Da klingelte das Telefon. Es war der Tierarzt. Warum ich ihm einen Sack alter Kleider gebracht hätte, wollte er wissen. Beim Oxfam-Laden kann ich mich bis auf weiteres nicht mehr blicken lassen.

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