: Rot-grüne Ökokratie
■ Westküsten-Lobby gegen neues Gesetz für den Nationalpark Wattenmeer
Manche halten mit ihrer Meinung nicht hinterm Deich. Als „Ökokratie“ und „Durchdrücken des Koalitionsvertrages um jeden Preis“ bezeichnete gestern die „Allianz der Westküste“ die Pläne der rot-grünen Landesregierung in Kiel, das Nationalparkgesetz über das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer zu ändern. „Der Inhalt des Gesetzentwurfes vom 18. Dezember ist nicht akzeptabel“, heißt es in einer gestern in Husum (Kreis Nordfriesland) verabschiedeten Resolution. In der Allianz sind Kommunen aus den Kreisen Dithmarschen und Nordfriesland sowie Interessenverbände von Fischern und Bauern, Jägern und Hoteliers zusammengeschlossen.
Im Mittelpunkt der Kritik stehen sowohl das Vorgehen der Landesregierung als auch die Inhalte des Entwurfes. Dieser sei bereits fertiggestellt gewesen, als die Kuratorien im Dezember ihre Stellungnahmen zum „Synthesebericht Ökosystemforschung“ vorlegten. Diese 800 Seiten starke wissenschaftliche Expertise ist die Grundlage für die Gesetzesänderung. Deren Notwendigkeit bezweifelt die Westküsten-Lobby ohnehin. Es gebe dafür „keinen überzeugenden Grund“, sagte der Landrat des Kreises Nordfriesland, Olaf Bastian (CDU). Inhaltlich setze sich der vorliegende Entwurf zudem „über die Interessen der Region“ hinweg.
So sehe er etwa eine großzügige Erweiterung der besonders geschützten Kernzonen vor, während die Nationalpark-Kuratorien neue Zonen abgelehnt haben. Auch konterkariere das Papier die Kuratoriums-Meinung, ein eventuelles Walschutzgebiet vor Amrum und Sylt sei an das Einvernehmen der Betroffenen gebunden. Für beides lägen bisher keine Übereinkünfte vor, trotzdem seien sie im Gesetzentwurf bereits festgeschrieben.
Der grüne Umweltminister Rainder Steenblock will hingegen an der Gesetzesnovellierung „auf jeden Fall festhalten“. Vor allem das Schutzgebiet für die in ihrem Bestand bedrohten Schweinswale mache „die Qualität des Gesetzes aus“, erklärte er gestern. Die „Verschärfung“, die von der Allianz in die Diskussion getragen werde, sei „von den Fakten her nicht begründbar“. Er werde, kündigte Steenblock an, den Entwurf „wie geplant“ am nächsten Dienstag dem Kabinett vorlegen.
Sven-Michael Veit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen