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„Die Jungen auch mal herführen“

■ Wehrmachtsausstellung in Kiel: Großer Besucherandrang am ersten Tag. Politische Kontroverse verschärft sich weiter

Bereits am gestrigen ersten Tag hat die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ eine große Zahl von Besuchern in das schleswig-holsteinische Landeshaus gelockt. Schon bis Freitag mittag sahen etwa 400 Menschen die Schau, darunter viele Schulklassen, aber auch Vereine und Einzelpersonen. „Es sieht so aus, als würden wir die Zahl 1000 an diesem ersten Tag schaffen“, sagte Landtagssprecher Joachim Köhler. Zwischenfälle habe es nicht gegeben.

Mit einer zehnten Klasse besuchte Geschichtslehrer Klaus Kaemper die Ausstellung. Wie umstritten sie ist, läßt sich für den Pädagogen auch daran festmachen, daß er nach der Anmeldung Propagandamaterial einer rechtskonservativen Geschichtsgesellschaft erhalten hat. Die Ausstellung hat in den Augen des Lehrers auch große Verunsicherung ausgelöst: „Man hat Angst, daß die Schüler meinen, daß alle Wehrmachtsangehörigen Verbrecher waren“, sagte Kaemper. Insgesamt sei die Klasse „erstaunt darüber, daß man ihnen nicht zutraut, daß sie die Ausstellung richtig einordnen“.

Einen anderen Besucher störte, „daß das alles allgemein der Wehrmacht angelastet wird“. Schließlich habe die Generalität die Befehle, beispielsweise zu Massenerschießungen, zu verantworten gehabt. Der 63jährige hält es aber für richtig, „daß die junge Generation auch mal hergeführt wird“.

Begleitet wurde die Ausstellung auch gestern von einer scharfen politischen Auseinandersetzung. CDU-Landeschef Peter Kurt Würzbach wies Vorwürfe zurück, die ihm Jan Philipp Reemtsma, Gründer des veranstaltenden Hamburger Instituts für Sozialforschung, bei der Eröffnung gemacht hatte. Reemtsma hatte Würzbach vorgehalten, Verständnis für „neonazistische Umtriebe“ in seinem Landesverband zu zeigen und auf einen Briefwechsel mit dem CDU-Politiker verwiesen. Reserveoffizier Würzbach, der lange Jahre Parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Verteidigungsministerium war, erklärte gestern, er bedaure, daß „dieser Herr Reemtsma“ unter „völliger Verdrehung aller von mir getroffenen Aussagen“ einen solchen „unqualifizierten Angriff“ inszeniert habe.

Die Neumünsteraner Bundestagsabgeordnete Angelika Beer forderte gestern den Rücktritt des CDU-Landeschefs. „Ich halte Würzbach für politisch nicht mehr tragbar“, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Würzbach dokumentiere rechtsextremistisches Gedankengut innerhalb der eigenen Partei und rechtfertige es. „Das hat nichts mehr mit christlich und auch nicht mit demokratisch zu tun, sondern das schrabt am 'rechten Rand'“, sagte Beer.

Würzbach hielt dagegen, wenn sich Beer auf „so diffuse Quellen wie diese von Polemik triefenden Aussagen des Millionenerben Reemtsma“ beziehe, disqualifiziere sie sich selbst als Politikerin. Er sei daher nicht bereit, auf ihre Vorwürfe weiter einzugehen.

Christine Schultze

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