piwik no script img

Entwurzelte Bäume

■ Ottenser KleingärtnerInnen wollen nicht auf den Deckel über der A7 ziehen

Scheußlicher Anblick, so ein frisch angelegter Kleingarten: kahle Hütten, mickrige Bäumchen, keine Atmosphäre. 85 Jahre später dagegen: eine entwickelte grüne Idylle. Mit drastischen Fotos haben KleingärtnerInnen aus Ottensen und Altona am Sonnabend auf dem Spritzenplatz demonstriert, was sie verlören, wenn sie auf den geplanten Lärm-Deckel über der A7 umziehen müßten. Neben Äpfeln und Süßmost aus eigener Herstellung präsentierten sie Unterschriftenlisten und versuchten, die PassantInnen auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die ihrem Stadtteil drohe: der Verlust wertvoller Grünflächen.

Doch die Interessen der locker formierten Bürgerbewegung (Motto: „Apfelbaum braucht Wurzelraum“) prallen auf die der Othmarschener Bürgerinitiative „Ohne Dach ist Krach“.

Die Initiative hat vorgeschlagen, einen Deckel auf die A7 zu bauen: Die Stadtteile Bahrenfeld und Othmarschen sollen so wieder miteinander verbunden und die AnwohnerInnen von Lärm und Abgasen entlastet werden.

Der Deckel würde nach einer groben Schätzung der Baubehörde 500 Millionen Mark kosten. Weil der Senat knapp bei Kasse ist, soll der Löwenanteil dieser Summe über den Verkauf von Freizeitflächen – unter anderem der Kleingärten – in Ottensen aufgebracht werden. Diese könnten über der Autobahn wieder eingerichtet werden. Der Wohnungsbaubeauftragte des Senats, Tassilo Braune, bereitet dazu gerade einen Investorenwettbewerb vor.

„Den Deckel: gerne“, sagt Julia Rudolph am Info-Stand, „aber nicht auf unsere Kosten.“ Seit 85 Jahren existiere ihre Kleingartenkolonie am Mühlenweg. „Wir wollen nicht von vorne anfangen unter Bedingungen, die nicht kalkulierbar sind“, so die Position von „Apfelbaum braucht Wurzelraum“.

„Wir haben immer gesagt, es darf nicht auf Kosten der Kleingärtner gehen“, beschwichtigt Michael Melcher von der Ini „Ohne Dach ist Krach“. Die KleingärtnerInnen würden über das übliche Maß hinaus entschädigt. Befürchtungen, auf dem Deckel gediehen keine Pflanzen, seien unbegründet. Im übrigen wolle die Initiative „gerne Kontakt mit den betroffenen Kleingartenvereinen aufnehmen“. knö

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen