: Hemmschwellen vor fabelhaften Rechten
■ Nur laut Gesetz läuft an den Schulen nichts gegen den Elternwillen / SPD-Forum
Wohin mit meinem Kind nach Ende der Unterrichtszeit? Vor dieser Frage standen Eltern von Schülerinnen und Schülern der Grundschule an der Curiestraße, denn im Ortsteil Leherfeld gibt es nur für knapp die Hälfte der Kinder Hortplätze. Die Eltern gründeten einen Schulverein, um die Betreuung durch eine Erzieherin in der Schule selbst zu organisieren. Zwölf Kinder verbringen im Hort ihre Nachmittage. Elternsprecherin Sylvia Hartung vermutet, daß anderen Eltern die 110 Mark im Monat inklusive Essen zu teuer sind.
Der Hort an der Curiestraße ist eine der Elterninitiativen, über die am Donnerstag abend auf der Veranstaltung der SPD-Bürgerschaftsfraktion zum Thema „Schule gemeinsam gestalten - Elternarbeit für die Katz'?“ berichtet wurde. Kürzlich machten die Eltern der Grundschule Oberneuland Schlagzeilen, als sie auf eigene Kosten einen Container als Ersatz für von Schimmelpilzen befallene Mobilbauklassen aufstellten. Anderswo an Bremens Schulen streichen Mütter und Väter Schulräume oder reparieren marode Möbel.
Aber was dürfen Eltern mehr als in ihrer Freizeit zum Pinsel zu greifen oder auf eigene Kosten Betreuung zu organisieren? Diese Frage bewegte die etwa 50 anwesenden ElternvertreterInnen. Im Mittelpunkt stand die Frage nach Rechten von Eltern in der Schule und Möglichkeiten, sie durchzusetzen.
Das Bremer Schulgesetz ermögliche Eltern die Teilnahme an allen schulischen Gremien, insbesondere der Gesamtkonferenz, erläuterte Ulrich Kaschner aus der Bildungsbehörde. Weiterhin haben sie ein Vetorecht der Schulkonferenz, in der Lehrkräfte, Eltern, SchülerInnen und sonstiges Personal vertreten sind. Auch die Gesamtkonferenz der Lehrkräfte kann keine Entscheidungen gegen den Willen der Eltern fällen. Der Elternbeirat muß vor wichtigen Beschlüssen angehört werden. Viele Eltern schöpfen laut Kaschner diese Rechte aus. Ihre Mitarbeit werde von vielen Schulleitungen als Unterstützung empfunden.
„Die Schulgesetze sind fabelhaft, aber schwer zu realisieren“, meinte dagegen Horst Jäger vom Zentralelternbeirat (ZEB). Die Entscheidungsstrukturen im Bildungsressort seien nicht transparent genug. Deswegen „haben Eltern oft Hemmschwellen“, ihre Rechte wahrzunehmen. Oder sie seien frustriert, weil sich ihre Schulen nicht an die Gesetze hielten. Fort- und Weiterbildungen für Eltern über das Schulrecht könnten dem etwas entgegensetzen, hieß es. Die aber gibt es bislang nur vereinzelt. Der ZEB arbeitet an einer Elternfibel.
ElternsprecherInnen bemängelten außerdem den Informationsfluß zwischen Schule und Elternbeiräten. Eltern würden häufig zu spät oder gar nicht informiert. Als Lösung schlug Gernot Lückert aus der Bildungsbehörde vor, einen wöchentlichen Informationstermin zu vereinbaren. An einer Schule in Bremerhaven funktioniert das bereits: Dort treffen sich jeden Dienstag zwischen sieben und acht Uhr Eltern mit dem Schulleiter, um die neuesten Pläne der Behörde zu erfahren. Im Sekretariat haben die ElternvertreterInnen ein Körbchen, die Nachrichten bringen die Kinder mit nach Hause.
Aber auch bei noch so guter Information kann es immer auch Streit geben zwischen LehrerInnen und Eltern. Wie man solche Konflikte lösen kann, dazu hat die Behörde kein übergeordnetes Konzept anzubieten. Kaschner hielt es für sinnvoll, in jeder Schule Vereinbarungen für möglichst viele Konflikte zu treffen und aufzuschreiben. Britta Erlemann
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