Kommentar: Konzept gefragt
■ Wieviel Sicherheit verträgt die Demokratie?
Die Sicherheit ist gewährleistet. Man könnte auch sagen: Das Holocaust-Mahnmal wird gebaut. Oder: Die Renten sind sicher.
Aber auch die Sicherheitskonzepte im neuen Regierungsviertel in Tiergarten werden durch beschwörungsartige Formeln weder realer noch wahrer. Je öfter die Innenverwaltung sich wiederholt, desto deutlicher werden die BerlinerInnen wie BonnerInnen darauf hingewiesen: Stehen tut hier gar nichts.
Nun erregen sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die versammelten Fraktionen im Abgeordnetenhaus darüber, daß die geplante Sicherheitsleitstelle von Berliner Polizei, dem Bundeskriminalamt und dem Bundesgrenzschutz nicht rechtzeitig fertig wird. Der Bau für diesen neuen Polizeiabschnitt verzögert sich möglicherweise um immerhin zweieinhalb Jahre, wie Innensenator Eckart Werthebach gestern einräumen mußte. Zu Recht beklagt man hier eine der vielen Verzögerungen im Prozeß des Regierungsumzugs – neben den Regierungsgebäuden selbst.
Aber am Kern des Problems geht die Aufregung vorbei: Die Aufteilung der Kosten für die Sicherheit der Regierung zwischen Bonn und Berlin ist nach wie vor nicht geklärt, und ein schlüssiges Konzept für die Sicherheitsplanungen existiert ebenfalls nicht. Seit Monaten vertröstet die Innenverwaltung die Abgeordneten des Parlaments, die auf die Vorlage eines Sicherheitskonzeptes warten. Man warte auf Entscheidungen aus Bonn, man brauche ohnehin eine Aufstockung des Personals, man werde zügig vorlegen, so die wiederkehrende Antwort.
Ohne Konzept jedoch bleibt jede Kritik müßig. Denn darum muß sich die Debatte um Regierungssicherheit der neuen Hauptstadt drehen, nicht um die Fertigstellung eines Polizeiabschnitts. Werden „Poller und hohe Zäune“, wie schon einmal angekündigt, das Bild der Regierung in Berlin prägen? Werden BKA und Bundesgrenzschutz die Regie auf den Straßen in Reichweite von Reichstag und Bundeskanzleramt übernehmen? Wieviel Sicherheitsabstand vom Berliner Volk benötigen die Bundestagsabgeordneten, und wieviel Bannmeile verträgt die demokratische Kultur einer Metropole? Barbara Junge
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