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Zur Strafe ein paar Jahre mehr

HEW-Chef Manfred Timm rechnet beim Atomausstieg in Jahrzehnten. Bau eines Zwischenlagers am AKW Brunsbüttel als „Beitrag zum politischen Frieden“?  ■ Von Sven-Michael Veit

Schwer begeistert ist Manfred Timm nicht, aber das hat ernsthaft auch niemand erwartet. „Wir erkennen den Primat der Politik selbstverständlich an“, beteuerte gestern der Vorstandschef der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Und stellte klar, daß er den „politisch gewollten“ Ausstieg aus der Atomkraft für „einen nicht zu verantwortenden Fehler“ hält.

Dennoch würden die deutschen Energiekonzerne, als deren Gesprächskoordinator Timm am Dienstag am ersten „Konsensgespräch“ mit der rot-grünen Bundesregierung teilnahm, sich „zügig“ der Ausstiegsplanung annehmen. Das gelte genauso für die vier Atommeiler an der Unterelbe, stellte Timm bei einem Pressegespräch im HEW-Bunker in der City Nord klar. Über einen Zeitplan bis zur Stillegung des ersten AKW wolle er jetzt aber „nicht spekulieren“, Eine solide Prognose sei „frühestens Ende dieses Jahres möglich“. Allerdings müsse man „eher in Jahrzehnten“ als in Jahren rechnen.

Zunächst will Timm das erste „Hinwirkungsgespräch“, wie er es ironisch nennt, mit SPD-Bürgermeister Ortwin Runde und Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) am 16. Februar abwarten. Dort „soll wohl“ über das Abschalten des AKW Brunsbüttel zum Jahresende 2001 gesprochen werden. Eine „Verständigung“ mit den HEW darüber ist im rot-grünen Hamburger Koalitionsvertrag vereinbart worden. Porschke beteuerte gestern, in dem „Sondierungsgespräch“, wie er es vorsichtig nennt, sollten zunächst Positionen ausgelotet werden. „Ich gehe aber grundsätzlich davon aus, daß wir eine Verständigung mit den HEW erreichen können.“ Ihm sei wichtig, „soviel Atomkraftkapazität so schnell wie möglich abzubauen“.

Voraussetzung für ein Abschalten eines der vier Atomkraftwerke Stade, Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel, die von den HEW gemeinsam mit dem Hannoveraner Strom-Multi PreussenElektra betrieben werden, ist der Bau von Zwischenlagern für atomare Brennelemente, stellte Timm klar. Den Vorschlag des Kieler Energieministers Claus Möller (SPD), ein regionales Zwischenlager für Norddeutschland am AKW Brunsbüttel zu errichten, hält er für „sinnvoll“.

Die Investitionen von „20 bis 50 Millionen Mark“ betrachtet Timm als „Beitrag zum politischen Frieden“. Die existierenden Lager in Ahaus (NRW) und Gorleben im Wendland „haben ja noch Kapazitäten für etwa zehn Jahre“, machen aber weitere Atomtransporte notwendig. Technisch sei der Bau „in ein bis eineinhalb Jahren“ möglich. Inklusive Planungen und Genehmigungsverfahren müsse man von fünf bis sechs Jahren bis zur Fertigstellung ausgehen, „sofern nicht noch Klagen und Prozesse von Atomgegnern“ für Verzögerungen sorgten. Logische Konsequenz sei deshalb, so der HEW-Chef, „daß keine vorherige Stillegung eines Kernkraftwerks möglich ist“. Er gehe von einem Zeitrahmen „von etwa zehn Jahren mindestens“ aus.

In der Praxis aber, warnte Timm, dürften die „rechnerischen Restlaufzeiten“ von Atommeilern nicht zur Grundlage für Stillegungen werden. Im Bonner „Konsensgespräch“ hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) „anlagenbezogene Restlaufzeiten“ akzeptiert. AKWs werden aber gelegentlich monatelang „für Reparaturen und Revisionen“ abgeschaltet: „Wir“, so der HEW-Vorstandschef, „rechnen aber mit faktischen Vollastzeiten, schließlich sind wir ein Wirtschaftsunternehmen.“ Im Klartext: Wer zu sehr aufs Abschalten drängt, wird, so Timm wörtlich, „mit ein paar Jahren zusätzlich bestraft“.

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