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Verbales Patt vor der Hessenwahl

Der Ausgang der hessischen Landtagswahl wird darüber entscheiden, wer sich beim Thema Staatsbürgerschaft durchsetzt. Bis dahin sammelt die Union weiter Unterschriften, die Grünen entdecken Kohl als Vorbild  ■ Von Thorsten Denkler

Bonn (taz) – Und wenn doch? Wenn sich die hessische CDU am Wochenende mit dem Thema Staatsbürgerschaft bei der Landtagswahl durchsetzt? Wenn sich dann die SPD gegenüber der CDU plötzlich über das neue Staatsangehörigkeitsrecht kompromißbereit zeigt?

Dann, sagte gestern die grüne Fraktionssprecherin Kerstin Müller in Bonn, haben wir „große Probleme“. Daß dann die Koalition auf dem Spiel stehen könnte, hat Müller so nicht gesagt.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein verkündete unterdessen, innerhalb einer Woche seien in seinem Land 215.000 Unterschriften gegen den Doppel-Paß gesammelt worden. CDU-Chef Wolfgang Schäuble will am Wochenende gar die Millionengrenze überschritten sehen.

Diese Zahlen beeindrucken die Grünen nicht. Der innenpolitische Specher der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, Cem Özdemir, nimmt sich Alt-Kanzler Helmut Kohl zum Vorbild. Der habe den Euro gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt. Heute sei jeder froh, daß es ihn gebe. Özdemir: „Von Kohl lernen, heißt siegen lernen.“

Mit dem Kopf durch die Wand wollen die Grünen nicht. Kerstin Müller betonte, ihr sei eine breite Mehrheit bei der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts lieber. Der CDU signalisierte sie Gesprächsbereitschaft. Bedingung: Die CDU müsse ihre „unsägliche“ Unterschriftenaktion einstellen. Die habe eindeutig „rassistische und ausländerfeindliche“ Züge. Die CDU mache „aus Stimmungen gegen Ausländer Stimmen für die Landtagswahl in Hessen“.

Schäuble dagegen macht das Ende der Kampagne von der Haltung der Bundesregierung abhängig. Die Aktion werde solange fortgesetzt, bis der Schily-Entwurf geändert oder ganz vom Tisch sei. Jürgen Rüttgers, Chefkoordinator der CDU-Unterschriftenaktion, sieht Handlungsbedarf allein bei der Schröder-Regierung. In dem Gesetzesvorhaben seien zu viele Unwägbarkeiten nicht berücksichtigt. Die Frage etwa, ob auch Muslime, die der Vielweiberei anhängen, Anspruch auf Einbürgerung hätten; in Deutschland sei schließlich nur die monogame Ehe erlaubt, so Rüttgers.

Am meisten sorgt sich Günther Beckstein. Wie soll, fragt der CSU- Mann, etwa mit in der Türkei geborenen und aufgewachsenen Kindern umgegangen werden, deren Eltern zwar türkischer Herkunft seien, aber die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen. Diese Kinder wären nach dem Gesetz automatisch Deutsche. Sie könnten als Erwachsene in Deutschland leben, ohne je die hiesige Kultur kennengelernt zu haben. „Das werden Millionen sein“, prophezeit Beckstein. Die dann eingebürgerten Ausländer könnten sich zu Interessensverbänden oder gar Parteien zusammenschließen. Die pochten dann ähnlich wie die Dänen in Schleswig-Holstein auf ihre Minderheitenrechte. Das hätte bald „Ortsschilder in türkischer Sprache“ zur Folge, sagte Beckstein.

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