■ Vorlauf: Aus Nichts und Alltag
„Seinfeld – Highlights of 100“, 23.51 Uhr, Pro7
Wie macht man mit einem Freund Schluß? Als Mann? Bei einer gescheiterten Beziehung (vom Ablauf her) kein Problem: Man trifft sich im Café, sagt Sätze wie „Es hat keinen Sinn mehr“, sie weint oder er oder beide – und die Sache ist bald vergessen. Aber bei einem Freund aus Kindertagen, der damals zufällig eine Tischtennisplatte im Garten stehen hatte und seither immer wieder nervt – was soll man da nur anstellen? Fragen dieser Qualität stellt sich Jerry Seinfeld (Jerry Seinfeld) zweimal die Woche auf Pro7. Gemeinsam mit seinen Freunden George (Jason E. Alexander), Elaine (Julia Louis- Dreyfus) und Kramer (Michael Richards) werden Strategien entworfen, und mit verläßlicher Sicherheit funktioniert keine einzige davon. Statt dessen haben die anderen Hauptfiguren vom Drehbuch auf verschiedenen Handlungsebenen ähnliche Peinlichkeiten aufgebaut und kunstvoll verwoben bekommen, bis das Chaos eine überraschende Wendung erzeugt – und lautes Lachen vorm TV-Gerät. Alles bloß Quatsch also? Klar, denn „Seinfeld“ ist eine Comedy über das Nichts und den Alltag. Und der besteht nun mal zum Großteil aus Geschwätz. In der Tradition von Oscar Wilde ist „Seinfeld“ inhaltsarm, aber geistreich.
Doch wer will sich schon gemein machen mit Millionen von Amis, die jede Folge der erfolgreichsten Comedy angeschaut, auswendig gelernt, diskutiert und ausgezeichnet haben? Sooo gut kann dieser angeblich bestbezahlte Entertainer der Welt doch nicht sein, denken Sie? Sie haben Glück: Pro7 ist Ihrer Ansicht. Zwar wollen die Programmplaner diesen neumodischen hochgelobten Quatsch nicht einfach übergehen. Aber sie haben „Seinfeld“ so gut versteckt, daß selbst Hardcore-Fans kaum eine Chance haben, nichts zu verpassen: Mal beginnt's um 23.42 Uhr, dann wieder um 1.41 Uhr und besonders gute Folgen um 3.49 Uhr.
Wenn Sie an „Seinfeld“ also kein ausdrückliches Interesse haben, wird er sie niemals behelligen. Das wäre allerdings schade. Stefan Kuzmany
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