: Inquisition und Raumfahrt
■ Das 3001 huldigt dem Fantasy-Regisseur Mario Bava mit einer Trash-Night
1960 geisterte ein Gesicht durch die Horrorwelt: Barbara Steele war nicht nur anmutig genug, um die atemberaubendste Gothic-Queen aller Kino-Zeiten zu werden. Für ihre erste Rolle als böse Hexe Asa in dem Genre-Klassiker La Maschera di Demoni respektive Die Stunde, wenn Dracula kommt ließ sich die britische Film-Maid sogar ihr reizendes Antlitz von einer mit Nägeln bespickten Dämonenmaske durchschlagen. Ein inquisitorisches Desaster mit Stil: Bis heute sind sich Teile der Fachwelt nicht einig darüber, welche Steele nun die schönere ist: die mit oder ohne Löcher im Gesicht.
Das 3001 huldigt nun in einer Trash-Night dem Mann, der für dieses einzigartige Facelifting verantwortlich zeichnet: Mario Bava. Die Programmacher zeigen neben dem dämonischen Nebel- und Gruft-Reißer von 1960 das andere große Werk des italienischen Filmemeisters, Terrore nello Spazio respektive Planet der Vampire aus dem Jahr 1965. Darin zeigt sich Bava als vollendeter Arrangeur styroporhaltiger Requisiten. Die Handlung dieses ockulten Sci-Fi-Streifens mutet krude an: Eine Gruppe von Raumfahrern landet auf der Suche nach einem verschollenen Raumschiff auf dem Planeten Aura. Bald stellt sich heraus, daß sich die Geister der Nachfahren Graf Draculas auf der Flucht vor ihren Häschern eben jenen Planeten als Exil ausgesucht haben, um sich zunächst mittels der Körper der vermißten Mannschaft zu rematerialisieren, um später die Herrschaft über die Erde zurückzuerlangen. Am Ende des poppigen Okkupations-Dramas kehren zwei zu Vampiren mutierte Astronauten zur Erde zurück und leiten als kosmonautische Wölfe im Schafspelz getarnt die irdische Katastrophe ein.
Die beiden Arbeiten umreißen grob Bavas Grundmotive als Hauptvertreter des phantastischen Italo-Schockers. Ähnlich wie beim Western, Gangster- oder Science-fiction-Genre setzte die italienische Filmindustrie ab Mitte der 50er auch in Sachen Horror voll auf Adaptionen aus dem amerikanischen Kino. Um die Spuren ihrer eigenen Herkunft zu vernebeln, legten sich selbst Große wie Bava oder Riccardo Freda angelsächsische Pseudonyme zu und „liehen“ sich für ihre eigenen Produktionen kurzerhand renommierte Größen wie Boris Karloff oder Christopher Lee aus.
Doch während sich die US-Produktionenen primär am Triebmotiv des sexuell besetzten Monsters oder Vampirs orientierten, verkörpern die „Halbwesen“ in den katholisch geprägten Streifen aus Südeuropa einen ausgeprägten Schuldkomplex. So gesehen ist die Steele'sche Hexe Asa keine dämonische Femme fatale, die dem puritanischen Menschenbild auf die Sprünge hilft, sondern die tragisch-sadistische Verkörperung einer ehemals begangenen Sünde. Eine bedrohliche Inkarnation, die erst dann zur Ruhe finden kann, wenn die üblen Taten der Vergangenheit getilgt sind. Mit oder ohne Löcher im Gesicht.
Oliver Rohlf
Trash-Night mit „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ und „Planet der Vampire“: Sa, 20. Februar, 22.30 Uhr, 3001
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