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Wieviel PKK-Unterstützung darf sein?

■ Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin sollen PKK-Unterstützer nicht pauschal ihren Anspruch auf Asyl verlieren

Berlin (dpa/taz) – Nicht jeder Kurde, der die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt, soll nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts seinen Anspruch auf Asyl verlieren. „Wir werden nicht die pauschale Auffassung vertreten, die PKK ist eine terroristische Organisation und wer diese unterstützt, kriegt kein Asyl“, sagte der Vorsitzende Richter des 9. Senats, Friedrich Seebass. Gestern begann unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen die mündliche Verhandlung über Asyl und Abschiebeschutz von PKK- Anhängern in Berlin.

Eigentlich schieben die Behörden niemanden aus Deutschland ab, den in seiner Heimat Folter oder die Todesstrafe erwarten. Genau dieses Schicksal erwartet aber die beiden Männer, über die der neunte Senat des Bundesverwaltungsgerichts gestern zunächst verhandelte. Daß sie beim türkischen Geheimdienst als PKK-Mitglieder bekannt seien, hatten nämlich schon andere richterliche Instanzen festgestellt. Die beiden Kurden sollten trotzdem abgeschoben werden, weil sie durch ihre Aktivitäten für die PKK nach dem Ausländergesetz „aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen“ seien. Nach Ansicht der Verteidiger haben ihre Mandanten die innere Sicherheit Deutschlands aber nie gefährdet.

Beide Männer waren 1989 nach Deutschland gekommen, weil sie in der Türkei verbotenen kurdischen Organisationen angehört hatten. Einer gab in seinem Asylantrag an, mehrmals von der Polizei verhaftet und gefoltert worden zu sein. Die Behörden lehnten die Asylanträge dennoch ab.

Trotzdem begannen beide, sich in Deutschland in der PKK zu engagieren. Während der eine zusammen mit seiner Frau vor allem an Demonstrationen teilgenommen, PKK-Versammlungen besucht sowie Geld gespendet hat, soll der andere bis in die unteren Führungsränge der PKK aufgestiegen sein. Nach eigenen Angaben war er für das Eintreiben von Spenden verantwortlich, verteilte Propagandamaterial, organisierte Busse und sorgte so für den Transport von Exil-Kurden zu PKK-Demonstrationen in ganz Deutschland. Von dem Vorwurf, beim Spendeneintreiben Landsleute bedroht und erpresst zu haben, wurde der Mann 1994 freigesprochen, allerdings zu 90 Tagessätzen wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Sollten die beiden Kurden wegen ihrer Aktivitäten jetzt den Abschiebeschutz verlieren, so würde das nach Ansicht ihres Anwalts Michael Schubert bedeuten, „daß sich kein Kurde in Deutschland mehr exilpolitisch betätigen kann“. Schubert hofft darauf, „daß sich das Gericht nicht von der derzeit angeheizten Stimmung in Deutschland beeinflussen läßt“.

Das Gericht kündigte für den 30. März grundsätzliche Urteile zu dem Themenbereich an. Darin werde festgelegt, wie stark ein Kurde die PKK in Deutschland unterstützt haben muß, damit sein Asylantrag oder sein besonderer Schutz als politisch Verfolgter vor Abschiebung wegfällt. Sprich: Die Bundesrichter werden festlegen, ob auch die bloße Teilnahme an PKK-Demonstrationen oder das Verteilen von Flugblättern als Gefährdung der inneren Sicherheit anzusehen ist. Till Ottlitz

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