: Vater von „Melissa“ verhaftet
Das FBI verfolgte den Computervirus „Melissa“ zurück bis zur Telefondose seines mutmaßlichen Erfinders. Der Virus legte zeitweise die E-Mail der US-Marines lahm ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – David Smith könnte berühmt werden. Nach Auffassung der US-Bundespolizei (FBI), die ihn in der Nacht auf Karfreitag im Bundesstaat New Jersey festnahm, soll Smith eine Woche zuvor eine E-Mail verschickt haben, der der Computervirus „Melissa“ beigefügt war. „Melissa“ war der erste Virus, der dem vor einem Jahr beim FBI gegründeten Nationalen Zentrum zum Schutz der Infrastruktur (NIPC) eine Warnung wert war. In der vergangenen Woche hatte der neuartige Virus Tausende von Internet-Computern unter anderem bei Microsoft, Intel und Dell mit Kettenbrief-E-Mails verstopft. Militärbasen der US- Marines konnten zeitweise nicht mehr per E-Mail kommunizieren.
Mit Hilfe der Experten vom Internet-Anbieter AOL und Monmouth Internet gelang es dem FBI herauszufinden, von welchem Telefonanschluß der Virus zum ersten Mal ins Internet übertragen worden war. Monmouth hatte den Fahndern seine Nutzer-Datei vom 26. März, dem Tag des ersten Auftretens, offengelegt.
Dem Computer-Systembetreuer Smith drohen nun eine Anklage wegen Störung der öffentlichen Kommunikation und bis zu 40 Jahre Haft und eine halbe Million Dollar Strafe – ganz zu schweigen von Schadenersatzforderungen. Smith Anwalt versicherte, sein Mandant habe niemanden schaden wollen. Er sei keinesfalls der gefährliche Hacker, als den das FBI ihn darstelle. „In der Computerwelt experimentierten Leute jeden Tag mit irgendwas herum“, sagte der Anwalt. Smith kam gegen Kaution wieder frei.
Bei „Melissa“ handelt es sich um einen sogenannten „Makro“- Virus. Ein Makro ist eine simple Befehlsfolge, die sich mit einem Textverarbeitungsprogramm ausführen läßt. Die E-Mail mit dem Betreff „important message“ fordert den Empfänger auf, eine angehängte „Microsoft Word“-Datei zu öffnen, in der der Makro-Virus steckt. Diese Datei schickt automatisch die E-Mail an 50 weitere Personen aus dem Adreßbuch des Empfängers – allerdings nur dann, wenn der Empfänger das E-Mail- Programm „Microsoft Outlook“ verwendet. Solche Makro-Viren gibt es schon länger, aber noch keiner konnte soviel Ärger auslösen.
Zum Aufspüren von Smith nutzte dem FBI offenbar die Tatsache, daß in jedem neueren Microsoft-Dokument die Seriennummer des Programmes versteckt ist, mit dem es geschrieben wurde.
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