piwik no script img

Nato trifft Flüchtlinge

■  AFP: Bei Nato-Angriff sterben mindestens 20 Flüchtlinge. UÇK: Über 1.000 Morde an Kosovo-Albanern seit Samstag

Bei Nato-Angriffen sind im Kosovo nach serbischen Angaben 70 Flüchtlinge getötet und 31 weitere verletzt worden. Im Dorf Meja sei ein Konvoi mit Kosovo-Albanern getroffen worden, teilte gestern das serbische Medienzentrum in Pritina mit. Dabei seien 64 Menschen getötet und 20 verletzt worden. Im Dorf Zrze habe es 6 Tote und 11Verletzte gegeben. Nato-Kreise bestätigten zunächst nur, daß in dem Gebiet Fahrzeuge angegriffen wurden. Zuvor hatte ein AFP-Reporter von mindestens 20 Toten bei einem Angriff auf einen Konvoi berichtet. Augenzeugen sagten, die Menschen seien durch Nato-Angriffe getötet worden.

Über 1000 Kosovo-Albaner wurden seit Samstag nach Angaben der Kosovo-Untergrundarmee UÇK in der Region Drenica von der jugoslawischen Armee ermordet. Dies meldete gestern die UÇK-Presseagentur Kosovarpress. Die Gegenden um die Stadt Srbica und den Berg Devic seien „voller unbestatteter Leichen“. Ein Augenzeuge wird mit den Worten zitiert: „Wohin man geht in Drenica, überall sieht man Leichen.“ Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist derzeit nicht möglich. Von der Nato gab es dazu zunächst keinen Kommentar.

Die Bundeswehr verlor über dem Kosovo ein zweites unbemanntes Kleinflugzeug. Die Drohne sei von einem Aufklärungsflug nicht zurückgekehrt, teilte das Verteidigungsministerium gestern in Bonn mit. Schon am Montag hatte die von Makedonien aus operierende Einheit eine Drohne verloren. In beiden Fällen sei unklar, ob die Flugkörper abgestürzt oder von serbischen Einheiten abgeschossen worden seien, so ein Sprecher. Laut serbischem Informationszentrum sei die Drohne abgeschossen worden. Teile der Maschine seien auf dem Friedhof von Kosovo Polje, etwa zehn Kilometer südwestlich von Pritina, niedergegangen. Laut Bundeswehrsprecher seien über dem Kosovo bereits über 80 Aufklärungsflüge mit den über 2 Millionen Mark teuren Drohnen absolviert worden.

Die Kämpfe zwischen jugoslawischen Truppen und UÇK im nördlichen Grenzgebiet zu Albanien gingen gestern offenbar weiter. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilte in Tirana mit, die Gefechtstätigkeit um Kamenica/Padesh habe in begrenztem Umfang angehalten. Die albanische Armee habe mitgeteilt, Granaten seien in Albanien eingeschlagen.

Ein Ende der Vertreibung aus dem Kosovo ist nach Einschätzung des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) nicht in Sicht. Allein seit Dienstag mittag hätten erneut 2.700 Menschen die südserbische Provinz verlassen. Das UNHCR schätzt die Zahl der Zivilisten, die sich noch im Kosovo aufhalten, auf mindestens 400.000. Der Großteil sei auf der Flucht. In Makedonien, Montenegro und Albanien halten sich inzwischen laut UNHCR rund 525.000 Kosovo-Flüchtlinge auf.

Die Nato prüft Hilfsmaßnahmen zur Versorgung der Flüchtlinge innerhalb des Kosovo, erklärte Verteidigungsminister Rudolf Scharping gestern vor dem Verteidigungsausschuß des Bundestages nach Angaben von Teilnehmern. Bei der Nato würden drei Möglichkeiten geprüft: ein Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft, die Einrichtung eines Versorgungskorridors mit Billigung der jugoslawischen Regierung sowie Hilfeleistung durch eine internationale Organisation. Letzteres verspreche am ehesten Erfolg.

In Belgrad kam gestern der PDS-Fraktionschef Gregor Gysi mit dem jugoslawischen Präsidenten Miloevic zusammen. Bei der 90minütigen Unterredung stellte Gysi nach Angaben seiner Bonner Fraktion den 5-Punkte-Plan seiner Partei vor, der direkte Friedensverhandlungen von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach einem Waffenstillstand aller Beteiligten und der Rückkehr der OSZE-Beobachter vorsieht. Auch der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko traf gestern Miloevic. Sie sprachen über den von Belgrad gewünschten Beitritt Jugoslawiens zur Union zwischen Weißrußland und Rußland. AFP/dpa/rtr

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen