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Polizeilich gesichert skaten

■ Blade Night Berlin: Ab morgen dürfen Inline-Skater allwöchentlich durch die Straßen des künftigen Regierungsviertels kurven und werden dabei als politische Demonstration anerkannt. Die Polizei gibt grünes Licht für den Spaß auf zwei Rollen

Der Autofahrer – ein natürlicher Feind des Inline-Skaters? Ersterer nämlich ignoriere letzteren auf der Straße, findet Jan-Philipp Sexauer und sieht Handlungsbedarf: „Erst ändern sich die Gesetze, dann erst die Mentalität“, ärgerte sich der inline-begeisterte Rechtsanwalt und organisierte im vergangenen Sommer erstmals die „Blade Night Berlin“. Bis zu 500 Roller-Blade-Fans kurvten polizeilich gesichert durch Tiergarten und die Stadtmitte.

Doch seit damals sind die Gesetze die alten geblieben, und deshalb mußte Sexauer das in diesem Jahr wöchentlich stattfindende Kollektiv-Skaten abermals formal als Demonstration anmelden. Jeweils mittwochs trifft sich ab morgen also die Inline-Gemeinde, um abends rund zwei Stunden lang im künftigen Regierungsviertel ihre Bahnen zu ziehen – bis Ende September dauert der Spaß auf zwei Rollen.

Die Polizei gab dafür inzwischen grünes Licht. „Die Beeinträchtigungen für den Verkehr werden so gering wie möglich gehalten“, erklärte ein Polizeisprecher. Die Straßen würden nur für den Augenblick gesichert, in dem die Skater auch wirklich hindurchfahren.

Die Aktion vom vergangenen Jahr, aus New York importiert, wertet Organisator Sexauer als Erfolg: kein einziger Unfall, verständnisvolle Autofahrer und „das Gefühl, endlich einmal angstfrei durch die Hauptstraßen der Innenstadt zu skaten“. Das sei bisher nicht nur gefährlich, sondern auch eine Ordnungswidrigkeit gewesen.

Und dies ist auch die politische Forderungen der rollenden Demonstranten, die sich keineswegs nur als spaßbetonte „Skate Parade“ verstehen: „Berlin braucht endlich Straßenmarkierungen für Inline-Skater“, denn auf die „ungeeigneten“ Radwege will man sich nicht mehr länger verbannen lassen.

„Wir wollen auf die Straße“, sagt Sexauer, was zumindest auf der Route über die Straße des 17. Juni, der Potsdamer und Wilhelmstraße und Unter den Linden am Mittwoch auch ausnahmsweise zugelassen wird.

Bislang seien Roller-Blades jedoch als Verkehrsmittel nicht anerkannt und dürften deshalb nicht auf öffentlichem Straßenland benutzt werden.

Die Unfallstatistiken der Verkehrspolizei sind allerdings wenig aussagekräftig. „Erst seit diesem Januar“, so Polizeisprecher Michael Kokert, „werden Verkehrsunfälle mit Inline-Skatern gesondert erfaßt“, bei den Behörden galten sie bis dahin als Fußgänger. Die Berliner Zahlen aus den vergangenen beiden Jahren wiesen eine stagnierende Zahl von etwa 30 Unfällen auf, an denen Skater beteiligt waren. Unter ihnen war auch ein Unfall mit Todesfolge. „Man wird die Entwicklung weiter beobachten“, so Kokert, „um dann über eine etwaige Sonderstellung im Verkehr nachzudenken.“

Im Love-Parade-geschädigten Bezirk Tiergarten unterstützt man die Aktion Sexauers: „Im kleinen Rahmen finden wir das begrüßenswert“, sagt Tiergartens Sportstadträtin Elisa Rodé (Bündnisgrüne). Zwar seien in der dortigen Bezirksverordnetenversammlung Anträge der Grünen-Fraktion auf eine am Wochenende autofreie und somit skatefreundliche Straße des 17. Juni bislang gescheitert. Doch ihr Ressort bemühe sich derzeit, die Straße Am Neuen Ufer an der Bezirksgrenze zu Charlottenburg „nur für Inline-Skating mittelfristig umwidmen zu lassen“, so Rode. „Je mehr es von solchen Demos gibt, desto schneller ändert sich auch die Mentalität“, das hofft wie Sexauer auch die grüne Sportstadträtin. Christoph Rasch

Start der „Blade Night“ ist morgen um 20 Uhr vor dem S-Bahnhof Tiergarten, danach jeden Mittwoch bis zum 22. September.

„Inline-Skater wollen sich nicht mehr auf die Radwege verbannen lassen, gebraucht werden Straßenmarkierungen“

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