: Pirat und Memmen
Am Hafengeburtstag kapert Klaus Störtebeker eine Barkasse zur Speicherstadt ■ Von Christoph Ruf
Die Parade der Segler gehört zum Hafengeburtstag wie Bratwurst und Bier. Daran wird sich auch an diesem Wochenende nichts ändern, wenn sich das zum Volksfest mutierte Jubiläum zum 810ten Male jährt. Doch in diesem Jahr bietet sich wenige Schritte flußabwärts eine originelle Alternative. Am Kajen legt eine Barkasse zur „Störtebeker-Piratenfahrt“ ab, die Kabarett, Schauspiel und zwei Museumsbesuche verknüpft.
„Man kann das als einen humorvollen Shuttlebetrieb zur Speicherstadt sehen“, erläutert Frank Thie vom Mitorganisator „KulTours“ das Konzept, das in Kooperation mit dem Speicherstadt- und dem Zollmuseum erarbeitet wurde. An Bord befinden sich zwei Schauspieler der Theatergruppe „Ik's“ und Bärbel Dahms von „KulTours“. Während der halbstündigen Fahrt durch die Speicherstadt zum gleichnamigen Museum und zum Zollmuseum rückt sie allerlei Mythen zurecht, die sich um den vor 600 Jahren auf dem Grasbrook im Auftrag des Kaufmanns und Ratsherrn Simon von Utrecht geköpften Piraten ranken. So war der Mann, der in einem Lied der Hamburger Punk-Legende „Slime“ verherrlicht wird, keinesfalls ein Frühsozialist: „Seine Besatzung hieß nicht ,Liekedeelers', es wäre auch unvorstellbar, daß Störtebeker die Beute ,in gleiche Teile geteilt' hätte“, so Bärbel Dahms.
Ein aufputschendes Getränk ist bei „Störtebekers Piratenfahrten“ allerdings keinesfalls vonnöten: Denn der gemeuchelte Heros erscheint den Fahrgästen leibhaftig. In Begleitung seines Schreibers, „Magister Wiegbold“ (Birgit Schleper) mustert Störtebeker (Jan Hermann) die „Besatzung“, um mit vor Wut bebender Stimme zu verkünden, „mit Memmen und Weibsvolk“ sei nicht erfolgreich Rache an den Hamburger Pfeffersäcken zu nehmen. Im anschließenden Wortgefecht, das mit kabarettistischen Spitzen gegen den Senat versehen ist, gelingt es dem ebenfalls brillant spielenden „Wiegbold“, den Wüterich zu besänftigen.
Der finale Degenkampf an Land mit „Simon von Utrecht“ (Dieter Warszawa) mündet in einen obskuren Handel mit den zwischenzeitlich gefangengenommenen Passagieren. Was mit denen geschieht, erfährt am eigenen Leibe, wer sich für 25 Mark im Speicherstadtmuseum (Tel.: 32 11 91) zur Piratenfahrt anmeldet.
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