piwik no script img

■ Pappplakate (Propagandaserie Teil 6)40 Zeilen Grün für Doofe

Haben wir Wähler – vor die Wahl gestellt zwischen Pest und Cholera, Hyde und Jekyll, brauner Sauce, grünem Gemüse und gelben Äpfeln – es nicht schon schwer genug? Diesmal fordern uns unsere Parteien wirklich bis zum Äußersten mit ihren Plakaten. Die DVU hängt ihre Pappen so hoch, daß man neben Schwarzrotgold nur noch lesen kann: Diesmal Prostata wählen. Da hat ma Mahatma Scherf, der ist im Profil kaum zu erkennen, und das Spinnrad müssen wir uns dazudenken. DiePartei Diebelstreuer Sozialisten zwingt uns, solange Musicalreklame anzuschauen, bis eine lebenslange 1425-Marks-Rente für alle rausspringt (1000 für Miete, 425 für Diebels). Und die Liberalen denken, wir wüßten wohin mit dem Kreuzchen, wenn wir an Äpfel denken. Also ne!

Ist aber alles nix gegen das, was Grüns mit uns machen. Hand hoch, wer schon Grüns-Plakate gesehen hat! Na? Alle warten auf die schöne Trüpelin? HALT! Es gibt Grüns-Plakate. Die findet aber nur der IQ-Riese. Und die taz.

In der Stadt hängen Pappen wie diese: Vier Kinder sitzen auf einer Treppe. Zwei mit Mappe. Zwei mit Hefter. Sie stützen die Köpfe mit den Fäusten und schauen bedröppelt drein. Im 4. Jahr steht da, Viertklässler also. Bremer können es nicht sein, so viele Stufen hat keine Bremer Treppe. Schüler in maroden Klassenzimmern, aha, sehen wie Treppen aus, die maroden Klassenzimmer. Hefter und Mappen sind antiquierte Lehrmittel, doch die Kleinen sehen nicht deshalb traurig aus. Und auch nicht obwohl, sondern weil kein Lehrer zu sehen ist. Der übrigens keinen Haarausfall, sondern Unterrichtsausfall hat.

Alles klar? Wer jetzt noch nicht gedanklich ausgestiegen ist, darf am 6.6.'99 eine Partei namens Lost World wählen. Dahinter verbigt sich ein Kuratorium Happy End. Das deckt sich personell weitgehend mit einer stadtbekannten Dada-Guerilla – den Grüns.

BuS Foto:Kay Michalak

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen