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■ KommentarMelange bedenkenswerter Argumente  Friedensbewegung demonstrierte gegen den Krieg in Jugoslawien

Im Osten Berlins zeigte sich die Friedensbewegung am Samstag als in sich gespaltene, zersplitterte Ansammlung kleiner und kleinster Grüppchen. Die erste bundesweite Demonstration gegen die Nato-Angriffe auf Jugoslawien war eine Melange aus viel krausem, unreflektiertem Unbehagen und auch Sehnsüchten nach der alten DDR, nach Marx und Lenin – bis hin zur Barttracht. Gesellschaftlich relevant außerhalb des Prenzlauer-Berg-Kiezes war hier nur die PDS.

Anders auf der Westberliner Parallelkundgebung, zu der die ehemals großen Gruppen von Kriegsgegnern und fundamentalen Pazifisten kurzfristig mobilisieren konnten. Während sich etliche der Protestler aus dem Osten zwischen Empörung und plakativen Forderungen verhedderten, konnten sich die Westler auf eine funktionierende, professionelle Infrastruktur verlassen. Das beförderte, trotz aller Varianten von Verschwörungstheorien, das Differenzierungsvermögen, zeigte aber auch auf der Abschlußveranstaltung am Gendarmenmarkt das Dilemma, das allen gemeinsam ist: Sie haben keinen Einfluß. „Stopp für Krieg und Bombardierung“, „Rückzug und Entwaffnung“, „Schutz für Flüchtlinge“ wird es ohne die Nato-Maschinerie und die Verhandlungen der Politiker nicht geben.

Die Ohnmacht produziert Zorn auf diejenigen, die in Reichweite und treffbar sind: auf die eigene Regierung. Schröder, Scharping, Fischer werden zum „Feind im eigenen Land“, das Ansehen von Rot-Grün sinkt in einem Teil der eigenen Gefolgschaft.

Das hat Gregor Gysi am Samstag erkannt. Sein Aufruf zum massenhaften gewaltfreien Widerstand richtete sich an all diejenigen, die „denen da oben“ trotz aller Beteuerungen humanitärer Kriegsgründe nicht trauen. Der geübte Populist zielte vor allem auf den inneren Widerstand, auf Opposition bei SPD, Grünen und Gewerkschaften. Das hatte durchaus nationalistische Untertöne: Die Bundesregierung habe sich von den USA „über den Tisch ziehen lassen“. Gern gehört wurde auch der Verweis auf die Kosten des Wiederaufbaus Jugoslawiens.

Die Demonstrationen waren so einerseits eine Melange der diffusen Gefühle. Zugleich wurden aber auch die Argumente einer zur Mehrheit wachsenden Minderheit gegen einen Einsatz deutlich, der bisher nur Elend, nicht aber Frieden produziert hat. Heide Platen

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