Kommentar: Römischer Taschenspielertrick?
■ Italien: D'Alema will erst verhandeln und dann den Bodenkrieg – vielleicht
Es war zu erwarten, daß aus Italien ein Plan zur Beendigung des Kosovo-Krieges kommen würde. Ministerpräsident D'Alema kann es sich nicht mehr leisten, sein Kabinett, das aus gut einem Drittel entschlossener Bombardierungsgegner besteht, mit Vertröstungen auf eine irgendwann doch noch mögliche Wirkung der Luftangriffe bei Laune zu halten. Kommunisten und Grüne haben ihm eine Deadline gesetzt: Bis nach der Inthronisierung des neuen Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi am morgigen Dienstag ist Ruhe. Dann allerdings geht es zur Sache. Auch die Mehrheit der Bürger wird unruhig. Sie sind betroffen von schweren wirtschaftlichen Einbußen und sehen sich von den in die Adria abgeladenen Bomben auch persönlich immer mehr gefährdet.
So versucht der Regierungschef wieder mal den Spagat: Treue zur Nato, aber gleichzeitig Bewegung in die Sache bringen. Die „Vorleistung“ der einseitigen Feuerpause glaubt D'Alema fordern zu können, weil mittlerweile auch in nahezu allen anderen Ländern der Nato die Kritik am bisherigen Kriegsverlauf zunimmt. Das Ziel, mit der Feuerpause die G-8-Forderungen in die UNO einzubringen und die Russen und die Chinesen zur Zustimmung zu bewegen, ist Vorbedingung für jede Art von Lösung.
Dann allerdings wird es schwierig – sollte Miloevic auch diese Resolution nicht anerkennen, bleibt nichts anderes als der Bodenkrieg. Wie D'Alema dafür seine Politiker und die Bevölkerung gewinnen will, ist allerdings völlig unklar. Denn selbst die Opposition ist strikt dagegen. Und da auch andere Länder bisher zögern, könnte Miloevic darauf setzen, daß die Verbündeten am Ende doch nicht Ernst machen. Zumal der Bodenkrieg für die Nato um so schwieriger wird, je später im Jahr er beginnt. Schon heute wäre die Aufmarschzeit knapp. Gewinnt Miloevic noch einen Monat, wird ein Bodenkrieg in diesem Jahr immer unwahrscheinlicher.
Ob D'Alema bei seinem Plan mit dieser Möglichkeit kalkuliert, ist unklar. Aber ein wenig sieht es danach aus, als demonstrierte er wilde Entschlossenheit zu Handlungen, die sich dann nicht mehr in Taten umsetzen lassen, als wäre auch dieser „Spagat“ eher ein geschickter Trick. Mitunter wenden sich solche Tricks ja dann unversehens doch auch mal zum Besseren. Werner Raith
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