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Mein Rau, dein Rau – Johannes ist für alle da

■ Noch gar nicht im Amt, löst der neue Bundespräsident einen Streit aus: Die CSU regt sich auf, weil Rau Ansprechpartner für die hier lebenden Ausländer sein will

Berlin (taz) – Nach der eindeutigen Wahl von Johannes Rau (SPD) zum Bundespräsidenten lehnt sich die rot-grüne Regierung zufrieden zurück – sie sieht sich gestärkt. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von Rückenwind für die Koalition und lobte die Zuverlässigkeit des grünen Koalitionspartners. Die Union hingegen lehnt sich weit aus dem Fenster – sie wertet die Ausländerpassagen in der Rede von Rau vor der Bundesversammlung als Affront und Seitenhieb auf ihre Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) warf Rau gestern sogar vor, er habe die schwächste Rede eines gerade gewählten Bundespräsidenten überhaupt gehalten.

Der 68jährige Johannes Rau war am Pfingstsonntag von der Bundesversammlung im Berliner Reichstag zum Nachfolger von Roman Herzog (CDU) gewählt worden. Rau erhielt im zweiten Wahlgang mit 690 von 1.333 abgegebenen Stimmen die absolute Mehrheit. Dieses Ergebnis verdankte er neben SPD und Grünen (zusammen 661 Mandate) vor allem etlichen Stimmen der FDP. Für die Kandidatin von CDU/CSU, die Thüringer Wissenschaftlerin Dagmar Schipanski, votierten 572 Abgeordnete. Die Theologin Uta Ranke-Heinemann, von der PDS als Anti-Krieg-Kandidatin nominiert, kam auf 62 Stimmen.

Rau sagte nach seiner Wahl, er wolle „über alle Unterschiede hinweg der Bundespräsident aller Deutschen sein“ – und „Ansprechpartner für alle Menschen, die ohne deutschen Paß bei uns leben und arbeiten“. Er werde nie ein Nationalist sein, fühle sich aber als Patriot. Rau erinnerte an dieWende in der DDR vor zehn Jahren und mahnte die „gleichen Lebenschancen“ in Ost –und Westdeutschland an.

Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), empörte sich: Raus Worte seien eine direkte Spitze gegen die Union gewesen. Der Bonner CSU-Landesgruppenchef Michael Glos erklärte schlicht: „Sollen wir klatschen, wenn einer sagt, zwei und zwei ist vier?“ Rau reagierte vorsichtig: „Das mit der Würde des Menschen, das ist doch sicher auch die Meinung der CSU.“ Bissiger war der Fraktionschef der Grünen. „Wenn das eine Spitze gegen die Union sein soll, dann ist das ganze Grundgesetz eine Spitze gegen die Union“, so Rezzo Schlauch. Jens König/Patrik Schwarz

Berichte Seiten 2 und 3, Kommentar Seite 12

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