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Bremen ist nicht mehr Rüstungs-Schmiede

■ 6.000 Rüstungs-Arbeitsplätze weg / STN-Rheinmetall setzt voll auf Waffen

Seit acht Jahren fördert das Bundesland Bremen mit Hilfe der Europäischen Union die „Konversion“, das Umsteuern von militärischer Produktion zu zivilen Produkten mit insgesamt 25 Millionen Mark. Der „Konversionsbeauftragte“, Prof. Wolfram Elsner, und sein „Beraterkreis“ müssen nun Bilanz ziehen und der EU einen Rechenschaftsbericht vorlegen.

„Diese Bilanz kann sich durchaus sehen lassen“, schreibt Elsner, nur noch 3.000 Arbeitsplätze in Bremen sind derzeit „rüstungsabhängig“. Das waren zu Beginn über 10.000. Aber die Mehrzahl ist einfach weggefallen – durch den Konkurs des Vulkan, der lange Jahre immer wieder von lukrativen Marine-Aufträgen zehrte, durch den Konkurs der „Deutschen System-Technik“ (DST), der „Vorzeigefirma“ des Konversionsprogramms, und durch diverse Rationalisierungen. Nur ca. 2.000 Arbeitsplätze konnten erhalten werden, weil Betrieben die Umstellung auf einen zivilen Markt gelang.

Den entscheidenden Rückschlag für den Konversionsgedanken bedeutete der Konkurs des Vulkan-Konzerns: STN Atlas Elektronik wurde an den Rüstungskonzern Rheinmetall verkauft. Damit war nicht nur die alte industriepolitische Idee aus der Wedemeier-Zeit endgültig tot, aus der „Systemtechnik Nord“ einen norddeutschen Technologie-Verbund zu schmieden. Rheinmetall hat auch den „Kern der Rüstungsproduktion“ bei STN –immerhin über 80 Prozent der Produktionspalette – „gegen Konversionsförderung abgeschottet“, wie Elsner in seiner Zusammenfassung schreibt. Im Interesse von STN haben Banken den Kredithahn für DST zugedreht – so jedenfalls sieht es der Konversionsbeauftragte: „aus Konkurrenzgründen kaputtgemacht“. Auf die „Deutsche Systemtechnik“ hatten die Konversions-Förderer besonders – auch mit Förder-Geldern – gesetzt.

Derzeit versucht das Bremer STN-Werk neue Aufträge für Aufklärungsdrohnen zu bekommen, der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning war aus diesem Grund kürzlich zu Besuch bei STN. Im Zusammenhang der „Europäischen Verteidigungsunion“ und auch als Folge der Nato-Strategie gegen Serbien wird der „Bedarf“ an Aufklärungsdrohnen zunehmen. Direkt von dem Luftkrieg gegen Serbien ist Rheinmetall noch nicht begünstigt, zwar werfen die Nato-Verbündeten jede Menge alter Waffensysteme ab, mit Vorliebe natürlich solche, die nicht hundertprozentig als „2000-sicher“ gelten. Aber Rheinmetall kann sich erst von einem Bodenkrieg wieder neue Aufträge versprechen, die Bremer STN-Leute entwickeln die Feuerleitsysteme für Panzer.

Fördergelder würde natürlich auch STN nicht ablehnen, wenn damit keine Auflagen verbunden sind. „Dual use“ ist das Zauberwort. Für den zivilen Markt entwickelte Techniken kann man durchaus auch für militärische Produkte verwenden.

Auch STN hatte aus dem 25 Millionen-Topf Fördergelder bekommen, das Programm sei gerade für STN „relativ erfolgreich“ gewesen, freut sich Elsner: „Wir haben der STN in einer schwierigen Lage geholfen“. An die Reste der Rüs-tungsproduktion in Bremen kommt aber „Konversion“ nicht heran: Die Lürssen-Werft verspricht sich einen stabilen Anteil an Marine-Aufträgen (350 Leute), Siemens hat ca. 45 Leute direkt in der Wehrtechnik – als Zulieferer von STN wie die Marine. Airbus, Bruker-Franzen beschäftigen einige dutzend Mann in der Produktion militärischer Güter. „Es ist nicht zu erwarten, daß diese Unternehmen von sich aus eine umfassende Konversionsstrategie einschlagen werden“, faßt Joachim Schuster in einer Expertise die „Perspektiven der Wehrtechnik in Bremen“ zusammen. „Die Rahmenbedingungen existieren heute leider nicht mehr“, sagt der Konversionsbeauftragte Elsner. Dennoch will er die Konversionsförderung fortsetzen, allerdings unter neuem Etikett als „Strukturentwicklung“. K.W.

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