■ Vorlauf: Tiefgestapelt
„Der Hochstapler“, 20.15 Uhr, ARD Geldanlage ist, wenn ein Mittelverdiener seinen Sparstrumpf mit strahlendem Gesicht und freiwillig einem Schurken zu dessen Wohle überläßt. Kleinverdiener haben nämlich nichts übrig, das sie anlegen könnten. Hier heißt der Schurke Klaus Hartmann, und man hielt seine Gattung mit dem Ende der 80er Jahre und Beginn der Rezession für ausgestorben. Der Name „Donald Trump“ tropft dem Hamburger Finanzmakler süffig von der Lippe. Hartmann (Jan Fedder) fährt ein rotes Angeber-Cabriolet, trägt Zuhälter-Lederblazer, Goldrandbrille, gegelte Fußballer-Nackenspoiler und hält in einem Büro über dem Hafen hof. So doll hat die Fernsehrequisite schon lange nicht auf den Putz hauen dürfen. Die Geldeinlagen des einen Klienten zahlt Klaus manchmal an einen anderen aus, meistens aber nicht. So ein Krug geht bekanntlich so lange zum Brunnen, bis er bricht oder mit Krediten neu gefüllt wird. Klausis Jonglierkunst gerät ins Wakkeln, als die Steuer und die große Liebe anklopfen.
Geld muß her – bei wem nicht? Geld ist immer modern! Ulrike Folkerts sieht als fast bankrotte Hotelbesitzerin sehr, sehr schön aus: mal Pastellkostüm, mal Hosen, aber immer Perlen und vorzüglich coiffiert. Wenn sich das doch als Lesbenchic durchsetzen könnte! Ansonsten langweilt man sich nicht wenig. Es regnet nicht gerade Hirn vom Fernsehhimmel (Regie: Martin Buchhorn). Seit zweitausend Jahren weiß unsereins, daß auch das Böse nur unser Bestes will. Auch hat man seinen Brecht studiert: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank. Auftritt Herr Direktor Sommer (Gerd Baltus), doch weil sich die Methoden mit der Höherentwicklung verfeinern, wird nicht mehr eingebrochen in seine Bank, sondern fleißig intrigiert. Ein Fagott tutet im Hintergrund, um unermüdlich auf die Lustigkeit diees Fernsehfilms hinzuweisen. Das ist sogar nötig. Immerhin kann man ein neues Wort lernen. Konsumhai Hartmann scheffelte seine erste Million 1990 in „Dunkeldeutschland“. Anke Westphal
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