: Pusdorf-Initiative resigniert
■ Verein „Stadtteilzentrum Kartoffelbunker“ in Woltmershausen sieht keine Chance / Vorwurf: SPD und Kulturbehörde blockieren die ehrenamtliche Bürger-Arbeit
Zahlt sich ehrenamtliches Engagement aus? „Nein, in Bremen jedenfalls nicht: Wenn du was anderes willst als die SPD – das Machtgeklüngel kann man nicht durchbrechen.“ Das ist das traurige Fazit von Meinhard Motzko, der sich jahrelang in dem Verein „Kartoffelbunker“ für ein Stadtteilzentrum in Woltmershausen engagiert hat.
Enttäuscht haben die Vereinsmitglieder ihre Arbeit vorerst eingestellt, obwohl der Beirat Woltmershausen vor zwei Wochen einstimmig beschlossen hat, die Idee „Kartoffelbunker“ zu unterstützen. Für Motzko ist der Beschluß aber nichts wert, weil die örtliche SPD und die Kulturbehörde jeden Schritt zur realistischen Umsetzung blockieren würden.
In der Nazi-Zeit wurden dort Kartoffeln eingebunkert, deswegen heißt das langgezogene Backstein-Gebäude heute noch so. Es liegt hinter dem Pusdorfer Deich direkt an der Weser. Seit langem organisiert der Verein „Stadtteilzentrum Kartoffelbunker“ schon Familientreffs und Feste auf der grünen Wiese. Ganz Woltmershausen vergnügt sich hier seit Jahren beim 1.Mai-Fest. Dieses Jahr fiel das Fest aber aus, denn die ehrenamtlichen Veranstalter streikten: Sie wollen den Kartoffelbunker zum Stadtteilzentrum ausbauen, um ihn ganzjährig für Feste, Konzerte und Sportereignisse, Vereinsräume, Seminare und Beratungsangebote nutzen zu können. Auch Woltmershauser Geschäftsleute wollten, so Vereinsmitglied Holger Kühl, mit Gewerbeschauen tagsüber Leben in den leerstehenden Kartoffelbunker bringen. „Wir hatten schon eine Brauerei an der Hand für die Gastromie.“
Es wäre ein optimaler Standort für ein Ausflugslokal und nicht nur für den Stadtteil, da sind sich Verein, Beirat und Kulturbehörde einig. Dennoch haben sich die Fronten in diesem Konflikt hoffnungslos verhärtet.
Vor vier Jahren hatte sich der Verein als Wählergemeinschaft in Woltmershausen zur Beiratswahl gestellt – und auf Anhieb zwei Sitze errungen. Georg Meyerdierks (beruflich aus „Schorse–s Fischkombüse“ bekannt) wurde sogar zum Beiratssprecher gewählt. „Doch genutzt hat das nichts“, klagt er.
Schuld ist seiner Ansicht nach die örtliche SPD. „Ich habe immer hinter dem Kartoffelbunker gestanden“, sagt dagegen Edith Wangenheim, Pusdorfer Bürgerschafts-Abgeordnete für die SPD und bis vor kurzem selbst Mitglied im Kartoffelbunker-Verein. „Ich suche einen Investor, meinetwegen kann das der Verein machen, aber reell muß das sein!“ Ihrer Ansicht nach hat der Verein kein Konzept, wie der Kartoffelbunker finanziert werden soll.
Anfangs war der Pusdorfer Kulturladen mit seiner gesicherten Finanzierung aus dem städtischen Kultur-Etat als eine Säule im Konzept für den Kartoffelbunker vorgesehen; nun soll der Kulturladen in das ehemalige Kino „Blende“ umziehen. Das Stadtteilkonzept direkt will aber Bremens Kulturbehörde nicht finanzieren. Bernd Neumann, Referent für Stadtteilkultur, formuliert das sehr drastisch: Das Konzept des Vereins sei „nicht diskussionswürdig“, denn „ein Gemischtwaren-Laden aus den siebziger Jahren wird nicht laufen“.
Und so hat das Grundstücksamt das alte Kartoffelbunker-Gebäude seit Februar für 500.000 Mark zum Verkauf ausgeschrieben. „Wir kriegen die nicht wieder raus, wenn sie erst einmal drin sind“, sagt die Behörde über den Verein „Kartoffelbunker“. Es bleibt also nur die Frage, ob ein privater Investor sich in das Haus an der Weser verliebt. Auch die Kulturbehörde kann sich den Kartoffelbunker nur als privat finanzierten Veranstaltungsort ähnlich wie Café Sand vorstellen. „Es fehlt dafür noch ein Fährbetrieb“, sagt Bernd Neumann von der Kulturbehörde. Zwei Fähranleger habe er schon geschenkt bekommen, entgegnet dem Georg Meyerdierks – sie liegen da und rosten. Für den Beirat kandidiert er nicht mehr, auch seine Mitstreiter Holger Kühl und Meinhard Motzko haben nach Jahren des kommunalpolitischen Engagement die Schnauze voll. „Ich habe vier Jahre lang Zeit, Geld und Arbeit investiert!“ sagt Meyerdierks. „Die SPD läßt keine Erfolge außerhalb ihrer Partei zu, das ist in ganz Bremen so!“ juf
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