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■ Sparkonzept: Finanzminister Eichel schafft das UnmöglicheEine Reform mit nachhaltiger Wirkung

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat mit seinem „Zukunftsprogramm 2000“ gleichermaßen die CDU/CSU gegen sich aufgebracht und die Arbeitgeber für sich eingenommen. Einen gigantischen Wahlbetrug nennen die einen, was die anderen als Schritt in die richtige Richtung feiern. Gerda Hasselfeld von der CDU erkennt in den Rentnern die Verlierer, das SPD-Vorstandsmitglied Reinhard Klimmt lehnt die Rentenpläne ab. Solche Konfusion der traditionellen Alliierten und Antipoden mag als Indiz dafür gelten, daß Eichel eine Reform gelungen ist, deren Wirkung nachhaltig zu nennen ist.

Der Bundesfinanzminister hat geschafft, was noch vor zwei Monaten keiner für möglich gehalten hat, was unter dem Vorvorgänger Waigel nie möglich war, und was der Vorgänger Lafontaine möglichst vermeiden wollte. In den kommenden Haushalten werden strukturelle Einschnitte vorgenommen, die den künftigen Generationen wieder Handlungsoptionen eröffen. Die gleiche befreiende Wirkung dürfte die Senkung der Unternehmenssteuersätze für die Wirtschaft haben.

Die gleiche Zukunftsorientierung atmet die Erhöhung der Kinderfreibeträge, auch wenn sie sich im unteren Teil des Rahmens bewegen, den das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Doch als wäre ihr soviel eigener Fortschrittlichkeit unheimlich, durchtränkt die SPD ihr „Zukunftsprogramm“ sogleich mit allerlei Traditionalismen.

So bleibt die Kohlesubvention ebenso von den Kürzungen ausgenommen, wie die Ökosteuer lediglich in Trippelschritten ansteigen darf. Daß sie, entgegen den ursprünglichen Verabredungen nun zur Gegenfinanzierung der Renten verwandt wird, dient vor allem der Entlastung vom notwendigen Reformdruck. Und so ist zu befürchten, daß die Rentenreform, die von Bundesarbeitsminister Riester so kunstvoll ins Werk gesetzt wurde, daß kaum einer aus den Koalitionsfraktionen sie auf Anhieb verstanden hat, im Modder staatlicher Fehlbedarfsfinanzierung steckenbleiben wird. Die private Vorsorge wird vor allem von denen genutzt werden, die die Register steuerlicher Förderung zu ziehen wissen. Es wird schwer, sie zu jenen Formen der Kapitalbildung abzugrenzen, die man andererseits im Rahmen der Unternehmenssteuerreform stärker schröpfen will.

Die Rentenreform wurde zu heiß gekocht, und mancher hat sich daran vorschnell die Zunge verbrannt. Über ihre allgemeine Bekömmlichkeit ist damit noch nicht viel gesagt. Dieter Rulff

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