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Straßenkunst am Sielwall – innerhalb der nächsten drei Wochen entsteht Deutschlands längstes Straßenbild

Der Sielwall wird zur Rekordmeile: Bis zum 17. Juli entsteht im Herzen des Viertels das längste Straßenbild Deutschlands. Schulklassen, Jugendgruppen und Freiwillige malen seit Sonntag unter der Anleitung des Künstlers R.A. Kajol die Straße bunt.

Kajol kommt aus Bangladesh, lebt in Dänemark und hat mit seinen Straßenmalereien schon Rekorderfahrung sammeln können. In Stockholm schuf er das längste Straßenbild Europas, 525 Meter lang. In Bremen wird die komplett bemalte Fahrbahnhälfte des Sielwall 75 Meter kürzer sein. „Heaven on Earth“ soll das gigantische Straßenbild heißen. „Ich versuche eine Synthese aus dem künstlerischen und dem mechanischen Leben zu erreichen“, sagt er, während er inmitten von Autoabgasen den Pinsel schwingt. Auf der verengten Gegenfahrbahn stauen sich Fahrzeuge, während er malt.

„Traffic Art“ nennt Kajol seine Arbeit. „Kunst inmitten des Verkehrs zu machen, heißt, zu zeigen, daß diese beiden Seiten für uns bedeutsam sind, nicht nur die eine oder die andere.“ „Wir wollten ein bißchen Freude in die Stadt bringen“, sagt die Organisatorin der Straßenmalaktion, Angelika Stangenberg vom Lagerhaus. Das Gemälde soll Touristen anlocken und eine optische Verbindung zwischen dem Viertel selbst, dem Viertelfest und der Breminale sein. Kajol zeichnet vor und bestimmt die Farben, die Helfer malen aus. Jeden Tag bewegt sich der Straßenmalertroß um 25 Meter weiter Richtung Weser.

Die Anwohner sind von der Idee begeistert. Die strahlend bunten Ornamente kommen bei ihnen gut an. „Sonst sind die die Straße doch immer so grau,“ sagt eine Frau. „Total klasse“ findet ein anderer Anwohner die Aktion. „Ich bin spontan rausgekommen, um mitzumalen. Ich finde es toll, daß der Sielwall angemalt wird. Drinnen wartet sowieso nur meine Diplomarbeit auf mich.“

Auch die Autofahrer im Feierabendstau, die wegen Kajols Arbeit länger als gewohnt im Nadelöhr Sielwall stecken, nehmen das Verkehrshindernis gelassen. „Ich finde das okay, mal für so eine Sache etwas länger zu stehen. Hier kommt man sowieso immer schlecht durch“, sagt der Fahrer eines Wagens mit Bremer Kennzeichen. „Wenn hier nicht gemalt werden würde, hätten irgendwelche Leute eben die Straße zugeparkt. Da stehe ich doch lieber mal für bunte Farben.“

Lars Reppesgaard

Weitere Infos über das „Heaven on Earth“-Projekt gibt es im Internet unter www.humanrights.de/flucht/kajol/index.html . Wer Lust hat, unter Kajols Anleitung selbst die Straße vollzupinseln, kann seine Hilfe unter Tel.:70 47 17 anbieten. Spenden für die täglich 6-8 Stunden arbeitenden MalerInnen (Kuchen, Getränke usw.) sowie finanzielle Unterstützung sind ebenfalls sehr willkommen.

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