: „Innovation zur Kostendämpfung“
Gesundheitsministerin Andrea Fischer besuchte das Hafenkrankenhaus ■ Von Kai von Appen
„Ein tolle Einrichtung!“ Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich gestern beim Besuch im Gesundheitszentrum St. Pauli von der neuen Einrichtung „tief beeindruckt“. Tags zuvor hatte die neue „Notfallambulanz“ ihren Dienst, der eine Betreuung rund um die Uhr sicherstellt, aufgenommen. „Das ist ein einzigartiges Projekt der medizinischen Versorgung, das auf die Bedürfnisse der zum Teil in Armut lebenden Menschen aus diesem Stadtteil zugeschnitten ist“, schwärmte Fischer.
Auch wenn bei dem Besuch Gesundheitsenatorin Karin Roth und der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ingo Kleist nicht von der Seite der Ministerin wichen, als wären sie die Mütter und Väter des Zentrums gewesen, weiß Fischer genau, daß es vor allem dem Widerstand der Bevölkerung und dem Engagement der StadtteilmedizinerInnen zu verdanken ist, daß hier ein „innovatives medizinisches Zentrum“ entsteht. Zwei Jahre lang mußten Bürgerinitiativen und ÄrztInnenschaft nach der Schließung der Klinik kämpfen und verhandeln, bis der rot-grüne Senat im April grünes Licht für die Einrichtung gab. Fischer berichtete, daß sie die Auseinandersetzung um das Hafenkrankenhaus aus der Entfernung verfolgt habe.
Kern des Zentrums ist die Notfallambulanz mit Patientenberatung, die Tag und Nacht für Bedürftige geöffnet ist. Ihr angegliedert ist das Angebot von 30 Facharzt- oder Projektpraxen. „Zusätzlich wird ein Operationszentrum an der Schnittstelle ambulanter, stationärer Versorgung auf hohem Niveau aufgebaut“, erläuterte der Chirug Ernst Bonton die weiteren Pläne. Der Betrieb der Krankenstube durch die Caritas ist bereits vor einigen Wochen angelaufen.
Interessiert zeigte sich Fischer auch von den Plänen eines „Medical Call Center“. Die Idee ist im Unikrankenhaus Eppendorf entstanden, wo seit vier Jahren DolmetscherInnen ausgebildet werden, um Mißverständnisse zwischen PatientInnen und ÄrztInnen auszuschließen. Als „Innovation zur Kostendämpfung“, beschreibt Projektleiter Niels-Jens Albrecht die Erfahrung. Dauerte es früher einen Tag – Pflegesatz 800 Mark –, um eineN DolmetscherIn zu bekommen, sei jetzt innerhalb einer Stunde einE ÜbersetzerIn vor Ort. Facharzt Michael Klemperer beklagte allerdings, daß die Verhandlungen mit den Krankenkassen oft langwierig und zäh waren und forderte mehr Flexibilität: „Es müßten Kleinstbudgets für Innovationen eingerichtet werden.“
Schole Rassin, Sprecherin des Förderkreises, brachte außer Protokoll gegenüber Roth ihre Enttäuschung zum Ausdruck, daß Teile des Konzeptes im Senatsbeschluß keine Berücksichtigung gefunden haben. So ist die Finanzierung der Begegnungsstätte Stadtteil-Café für Obdachlose, der akupunkturgestützte Entzug von Drogenabhängigen sowie des Zentrums „Freihaven“ für traumatisierte Fluchtopfer nicht gesichert.
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