: Belgien soll bis 2025 atomar aussteigen
■ Neue Regierungsparteien einigen sich „prinzipiell“ auf 40 Betriebsjahre pro AKW. Details bleiben weiteren Verhandlungen vorbehalten. Erster Reaktor 2015 vor dem Aus
Die belgischen Grünen, die voraussichtlich gemeinsam mit der Liberaldemokratischen Partei und den Sozialisten die neue Regierung Belgiens bilden, fordern den Atomausstieg. Das erste Atomkraftwerk soll laut einem am Sonntag abend beschlossenen „Ausstiegsszenario“ im Jahr 2015 abgeschaltet werden. Der letzte Reaktor soll 2025 vom Netz gehen, 40 Jahre nach der ersten Inbetriebnahme.
Guy Verhofstadt, der vom belgischen König mit der Regierungsbildung beauftragte Chef der Liberalen dürfte Probleme mit dieser Forderung bekommen: Mehr als die Hälfte des belgischen Stroms wird derzeit in den sieben Reaktorblöcken in Doel bei Antwerpen und Tihange in den Ardennen produziert.
Darüber hinaus gilt Belgien als Nukleardrehscheibe, vor allen wegen seiner europaweit zweitgrößten Verglasungsanlage für Atommüll. „Auf mittlere Sicht soll die Energiegewinnung via Atomkraft definitiv gestoppt werden“, zitiert die flämische Zeitung De Morgen die Pläne der flämischen und wallonischen Grünen-Parteien, „Agalev“ und „Ecolo“, die bei den Parlamentswahlen unlängst ihre Stimmen verdoppeln konnten.
Ein Agalev-Vertreter erklärte gegenüber dieser Zeitung allerdings, es handele sich zunächst nur um „eine prinzipielle Übereinstimmung“, die mit den zukünftigen Koalitionspartnern erzielt worden sei. Über ein weiteres Papier, in dem Details des Ausstiegs stehen sollen, wird derzeit zwischen den Parteien noch verhandelt. Gleichzeitig fordern die Grünen, daß die gesamte Energiegewinnung „massiv“ umorganisiert wird.
Der Beschluß dürfte im Nachbarland Deutschland auf große Beachtung stoßen. SPD und Grüne streiten sich mit sich selbst und der Energieindustrie über die Auslauffrist für die bundesdeutschen AKWs. Wirtschaftsminister Müller hat 35 Jahre Gesamtbetriebszeit vorgeschlagen, die Industrie will mehr, die Grünen weniger.
Seit über zehn Jahren herrscht in Belgien ohnehin ein Quasi-Moratorium für den Neubau von Atomreaktoren. So heißt es im Zehnjahresplan für die Periode 1988 – 1998“, ein Kraftwerksneubau sei „nicht opportun.“ Peter Sennekamp
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