Heide Simonis fürchtet um die Werftenhilfe

■ Kieler Ministerpräsidentin hält SPD-Wahlversprechen für überzogen. Zustimmung zum Sparpaket unter Vorbehalt. Kiel und Schwerin wollen Vermögenssteuer wieder einführen

Berlin (taz) – Als Finanzexpertin im Bonner Kabinett hat Gerhard Schröder sie nicht gewollt, und auch nach Brüssel mochte der Kanzler seine Parteikollegin und schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis nicht schicken. Jetzt rächt es sich, die ambitionierte SPD-Politikerin aus Kiel beim Klettern auf der karrierepolitischen Leiter behindert zu haben. Scharfzüngig watschte Simonis gestern die Bundesregierung und deren Sparpolitik ab: Anstatt die verfahrene Diskussion um reale Nullrunden, Scheinselbständigkeit und die Zukunft der Renten in der bisherigen Art fortzusetzen, daß also „jeder an irgendeiner Stelle an diesem Tuch flickt“, müsse endlich ein „Gesamtkonzept“ vom Kanzler für die Reformvorhaben her, so Simonis im Deutschlandfunk.

Ob die rot-grüne Kieler Landesregierung dem Bonner Sparpaket im Bundesrat zustimmen werde, sei zudem noch überhaupt nicht entschieden, legte ein Regierungssprecher Simonis' gegenüber der taz nach. Einen „Blanko-Scheck“ gebe es nicht, solange die Finanzierung von Werftenhilfe, Küstenschutz und der Verteilung der Lasten auf Länder und Kommunen nicht geklärt sei. Der Regierung warf Simonis indes Unehrlichkeit vor: „Meiner Meinung nach muß klargemacht werden, daß wir vor der Wahl etwas versprochen haben, was wir nicht halten können.“ Angesichts der „riesengroßen Löcher“ im Haushalt kämen auf jeden einzelnen „größere Opfer“ zu.

„Murks“, so die Ministerpräsidentin, sei eine „ziemlich nahekommende Bezeichnung“ für das Gesetz zur Scheinselbständigkeit; den Vorschlag ihres rheinland-pfälzischen Amtskollegen Kurt Beck (SPD) nach zwei Nullrunden für alle Arbeitnehmer lehnt sie rundweg ab. Solche Vorstöße machten die Gegenseite nur noch wütender. Statt dessen sollten lieber die Besserverdienenden zur Kasse gebeten werden. Deshalb will Kiel mit der SPD-PDS-Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern demnächst eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der privaten Vermögenssteuer einbringen. Darauf haben sich die SPD-Fraktionsvorstände aus Kiel und Schwerin am Montag geeinigt. Von der Vermögenssteuer profitieren vor allem die Länder. Unterstützung signalisierte das SPD-geführte Saarland: „Von der Tendenz her halten wir diese Position für richtig.“

Heike Haarhoff