: Mietkunst
Die Agenturen art goes public und Bilderwechsel vermitteln kostengünstig Artefakte aller Art ■ Von Anna von Villiez
Wer kennt sie nicht, die schönen Drucke von Ikea, die in Zahnarztpraxen das Zahnweh gleich noch schlimmer machen. Wer kennt nicht die trostlosen Pseudo-Kunstwerke passend zum Teppich in Firmen, Restaurants, Büros und Behörden? Das angeblich natürliche Bedürfnis des Menschen, schöne Dinge zu schaffen, kann sich im öffentlichen Raum nicht unbedingt immer durchsetzten. So stimmen noch die knalligsten Farben trostloser als die nackte Wand. Kunst ist scheinbar nichts für das tägliche Leben, sondern bei den ganz Reichen über dem Sofa zu finden.
Dagegen kämpft der Künstler und Journalist Holger Hogelücht mit seiner Agentur Bilderwechsel. Der 39jährige will die Kunst zurück in den Alltag bringen. Über ihn kann man Bilder von Qualität auf Zeit mieten oder auch kaufen. Die Idee entstand auf seinen Ausstellungen, bei der Interessenten sich nicht für einen Kauf entscheiden konnten, wohl aber Interesse bekundeten. So gründete Hogelücht einen Verleihservice, der inzwischen Werke von rund 70 KünstlerInnen vermitteln kann. Da er eng mit den Agenturen Bilderwelt und Fribu-Art zusammenarbeitet, kann er aus rund 600 Werken wählen. Der Kunde ist natürlich König und kann genaue Vorgaben machen. Doch da ist die Unsicherheit mitunter groß. Man möchte gerne irgendwie Kunst haben, wenn's geht nicht so was Depressives, aber so genau weiß man auch nicht. Hogelücht sieht sich selber als Vermittler: „Viele gehen nach dem Prinzip vor: je größer, desto besser. Ich versuche dann zu erklären, daß ein Bild doch wachsen muß.“ Dabei sind die Kunstwerke entweder gegen Leihgebüren ab 25 Mark monatlich zu leihen oder es wird ein regelrechter Abo-Vertrag abgeschlossen, durch den dann im Viertel- oder Halbjahrestakt die Bilder wie eine Wechselgalerie ausgetauscht werden. Je länger man sich auf ein Bild festlegt, desto günstiger kommt es.
Ein ähnliches Konzept hat auch art goes public. Die gelernte Fotografin Sabine Horstmann gründete die Agentur „aus der Not heraus“, wie sie es selber formuliert. Früher hat sie zahlreiche Ausstellung ausgerichtet und weiß aus Erfahrung, daß es ein schwieriges Unterfangen darstellt, bezahlbare Räumlichkleiten in einer Galerie zu finden und Werke zu verkaufen. Auch weiß sie, daß künstlerisches Schaffen einerseits und Vermarktung und Management andererseits eine kaum zu bewältigende Doppelbelastung sind. Ihre Agentur will genau dieser Knotenpunkt zwischen Kunst und Kohle sein. In ihrer Kartei finden sich etwa 50 Künstler der unterschiedlichsten Ausrichtungen. Darunter sind Maler, Möbeldesigner, Fotografen, Bildhauer. Privatpersonen und Betriebe können Auftragsarbeiten bestellen, die nach eigenen Vorstellungen angefertigt werden. Horstmann sondiert erstmal mit den Kunstinteressenten. Der Künstler schließt dann einen Vertrag ab, art goes public berechnet dann ebenfalls eine Provision von 15 Prozent. Neben den Auftragsarbeiten werden auch kleine Ausstellungen in Betrieben vermittelt. Kunst wird so zur Image-Schminke für Betriebe und die wiederum zum Forum für junge Kunst werden. Vielleicht ist dann in Zukunft auch der nächste Zahnarztterim nur noch halb so schlimm.
art goes public: Telefon 429 11 420.
Bildwechsel: Juliusstraße Telefon 43 18 90 99
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