piwik no script img

Wachablösung an der KFOR-Spitze

■  Der deutsche General Klaus Reinhard soll Oberbefehlshaber der Friedens-Truppen im Kosovo werden. Als Koordinator des SFOR-Einsatzes bringt er Balkan-Erfahrung mit

Berlin (taz) – Nach einigen Spekulationen scheint es jetzt sicher: Der deutsche Vier-Sterne-General Klaus Reinhardt soll der neue Oberbefehlshaber der KFOR-Truppen im Kosovo werden. Dies bestätigte ein Sprecher des militärischen Nato-Hauptquartiers im belgischen Mons. Im September wird das Kommando der Schnellen Einsatzkräfte in Europa (ARRC) abgelöst durch „Landcent“, die Alliierten Landstreitkräfte der Nato in Europa. Naheliegend ist, dass dann auch der Oberbefehlshaber von ARRC, Michael Jackson, den Stab an seinen Kollegen von Landcent übergibt: Und das ist Klaus Reinhardt. Zwar muss der Nato-Rat diese Personalie noch bestätigen, doch gilt dies eher als Formsache.

Der 58-Jährige, der derzeit die Landcent-Kräfte von deren Heidelberger Zentrale aus führt, hat einen steilen Aufstieg in der Bundeswehr hinter sich. Mit 19 beendete der in Bayern aufgewachsene gebürtige Berliner sein Dasein als Zivilist, der gern zu Fuß oder auf Skiern in den Bergen unterwegs war und die Abende bei Proben mit seiner Jazzband verbrachte. Der Abiturient schloss sich dem Gebirgsjägerbatallion 222 in Bayern an und wurde dort Zugführer.

Über den Tellerrand des Militärs blickte er trotzdem – in Richtung Politik: Ein Studium der Politologie und Geschichte in Freiburg schloss er mit einer Promotion über „Die Wende von Moskau“ ab, es trug ihm den Spitznamen „preußischer Gelehrter“ bei seinen Offizierskollegen ein.

Seine Laufbahn führte ihn über verschiedene Spitzenpositionen in der Bundeswehr und eine Generalstabsausbildung in Fort Leavensworth in den USA schließlich ins Verteidigungsministerium, wo er zwischen 1983 und 1986 Adjutant Manfred Wörners war. Die Verteidigungspolitik beschäftigte ihn auch als Leiter der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, die unter seiner Leitung als Think-Tank die Neuorientierung von Bundeswehr und Nato nach der Wende reflektierte – und auch praktisch begleitete: Er öffnete die Tore der „FüAK“ für Offiziere aus den Warschauer-Pakt-Staaten.

Ab 1994 wurde Reinhardt Befehlshaber des Heeresführungskommandos in Koblenz und koordinierte von dort aus den Einsatz der deutschen Streitkräfte in Bosnien-Herzegowina. Damit erntete er seinen vierten Stern. Dekoriert wurde er auch in den USA: Als dritten Deutschen nahm ihn die Militärakademie von Fort Leavenworth in ihre „Hall of Fame“ auf.

Mit dem Kommando über die Zentraleuropa-Streitkräfte der Nato plante Reinhardt auch die Strukturreform der Nato in Europa mit. Ein Einsatz im Kosovo würde ihm dafür die Vor-Ort-Erfahrung einbringen. Seine Folgerungen aus der Planung für die SFOR-Truppen in Bosnien zeugen eher von Bescheidenheit, was die Erfolge solcher Einsätze angeht: „Wir Soldaten können einen echten Frieden nicht erzwingen“, wird er von der Presse zitiert. Heide Oestreich

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen