■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Gemein! Elektroschrott!
Hurra, die armen Seelen im Bremer Abschiebeknast können endlich wieder fernsehgucken. Hab' ich mich selbst beim Saubermachen jetzt von überzeugt. Ein schöner Farbfernseher steht da – sogar mit Fernbedienung. Das ist so richtig schöööön, wenn man die traurigen Gestalten da sitzen sieht im Knast, wenn sie mal ein bisschen von ihren trüben Gedanken weg kommen.
Apropos trübe Gedanken. Die hab' ich ja die letzten Wochen gehabt, wenn ich da im Abschiebegefängnis sauber gemacht habe. Dass die gute Frau Ausländerbeauftragte Dagmar Lill den Menschen, die da auf ihren Horrorflieger warten, einen Gebrauchtfernseher schenkt, der nach einem halben Jahr kaputt geht, war ja schon ein starkes Stück. Dass die Frau Lill dann aber nicht mal Geld rausrücken will für die Reparatur, das hab' ich ihr persönlich übel genommen. Hab' ich ja auch hier schon geschrieben. Dass man aber die armen Abschiebehäftlinge jetzt auch noch offensichtlich benutzt, um den privaten Elek-troschrott los zu werden, das schlägt dem Fass irgendwie den Boden aus.
Schuld daran ist ein gaaanz enger Mitarbeiter von unserem Bürgermeister Henning Scherf – sozusagen das Auge des Bürgermeisters. Der Mann guckt nämlich für unseren Henning immer ganz viel Fernsehen, damit der Lange immer bestens auf dem Laufenden ist. Genauer gesagt ist das der Referent für „Medienarbeit und kulturelle Entwicklung, Kirchliche Angelegenheiten“, Helmut Hafner. Und der hat sogar in seinem Amtszimmer einen Fernseher und immer ganz viele Videos rumliegen. Und offenbar einen Fernseher zuviel.
Jedenfalls hat er nach meinem ersten Aufruf in der taz dem Abschiebeknast eine Glotze gestiftet. Fanden wir erst alle ganz toll. Vor allem so unbürokratisch. Die Wärter konnten das Ding ganz einfach bei ihm zu Hause abholen. Ist doch eine echt nette Geste. Aber dann, als die netten Wärter die Kiste im Aufenthaltsraum den Fernseher anschließen wollten, ja da stellte sich dann wieder die nächste fiese Geschichte heraus. Der Fernseher war nämlich uralt, kaputt und hatte obendrein ein lädiertes Stromkabel. Da hätte einer der netten Polizisten ganz leicht einen gewischt bekommen können. Gemein! Fazit: Die haben den Fernseher dann aus „Sicherheitsgründen“, ja – haben sie mir so wortwörtlich gesagt, gar nicht erst aufgestellt.
Also Herr Hafner, das finde ich echt das Letzte. Seinen Elektroschrott auf so billige Weise loswerden. Zu Kosten von armen gebeutelten Menschen. Das ist wirklich nicht schön. Diese Uralt-Kiste kann doch höchstens bei ihnen auf dem Söller oder im Keller auf den nächsten Sperrmüll gewartet haben. Und dann den Gutmenschen zu spielen – bei ihrem Gehalt. Das erinnert wirklich an diese Computerläden, die ihren Alt-Rechner vor den Laden stellen und draufschreiben: „Zum Ausschlachten, nur 15 Mark!“
Da sollten sich die Frau Lill, der Herr Hafner oder vielleicht auch der Herr Innensenator Schulte mal ein Beispiel an den Wärtern nehmen. Die haben jetzt auf privatem Weg eine Glotze besorgt. Das Ding ist neu, hat eine Fernbedienung und ein superscharfes Bild. Das ist Menschlichkeit, findet
Ihre Rosi Roland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen