■ Soundcheck: Flash 99 im Stadtpark
Gehört: Flash 99 im Stadtpark. Schade, daß sich der Hip-Hop in Hamburg selbst umbringt. Den hanseatischen Rappern und DJs gelingt es mit ihren Produktionen, die eigenen Leis-tungen mehr und mehr in Verruf zu bringen. In den vergangenen Jahren glänzten die Absoluten Beginner, Fünf Sterne deluxe, Doppelkopf oder Eins Zwo in rascher Folge durch Alben, von denen jedes für sich einen Qualitätssprung bedeutete. Das war der Anfang vom Ende.
Die zehn Teams aus der hiesigen Reimeschmiede, die am Sonnabend auf der ausverkauften Stadtpark-Bühne standen und unter dem Motto „Gute Maler brauchen gute Anwälte“ bei einer Benefizveranstaltung für den Hamburger HipHop e. V. und inkriminierte Sprayer aufspielten, gehören zum großen Teil zur Crème de la crème des deutschen Sprechgesangs. Noch vor fünf Jahren hätte ein solches Line up die Markthalle knapp gefüllt, 1999 hätten die Musiker das Volksparkstadion füllen können. Und das ist ein Problem.
Denn das Publikum gerierte sich, als hätten Bap oder Herbert Grönemeyer auf der Bühne gestanden. Die Texte wurden brav auswendig gelernt und mitgesprochen. Feinheiten gingen da verloren. Als das „Liebe Lied“ der Beginner erklang und DJ Mad nach der schönen Zeile „Quälst ihn mit Simple Minds, bis er weint“ ausgerechnet den Mega-Hit „Don't you forget about me“ der schottischen Nervensägen einmischte, klatschten die Zuschauer frenetisch mit. Selbst der verzweifelte Ausruf von Rapper Eißfeldt, daß die Simple Minds „das Schlimms-te“ seien, konnte die Menge in ihrer Begeisterung nicht stoppen.
Aus dem ewigen Versuch, die Balance zu halten zwischen Überleben und Sellout, was den Hanseaten so lange gut gelang, wurde mit einem Schlag ein Kniefick allererster Güte. Da nützt es auch nichts mehr, das Konzert dem „Scheißsystem“ zu widmen: Dem Markt ist das letztlich egal. Das sitzt er aus und kriegt sie am Ende alle. else
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