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Sondervollmachten für Ecevit und Co

■ Türkische Regierung umgeht beim Wiederaufbau das Parlament

Ankara (rtr) – Um die Folgen der Erdbebenkatastrophe rascher bewältigen zu können, hat sich die türkische Regierung mit Sondervollmachten ausgestattet. Im Regierungsanzeiger hieß es gestern in Ankara, damit könnten Entscheidungen ohne das Parlament getroffen werden – unter anderem der Bau neuer Siedlungen für die Obdachlosen. Ministerpräsident Bülent Ecevit sagte, bei den Neubauten müsse aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt werden. Die Regierung werde äußerste Anstrengungen unternehmen, um die Gebäude sicherer zu machen. Unterzubringen sind nach dem Erdbeben vor knapp zwei Wochen etwa 600.000 Menschen.

Pfusch am Bau wird für die hohe Zahl der eingestürzten oder zerstörten Häuser bei dem Beben vom 17. August verantwortlich gemacht. Um rasch neue Häuser bauen zu können, denkt die Regierung an Anleihen zur Finanzierung des Wiederaufbaus mit Hilfe der USA.

Die Nachrichtenagentur Anatolien berichtete am Samstag, im Erdbebengebiet im Nordwesten seien sieben Zeltstädte aufgebaut worden, die mehr als 42.000 Menschen aufnehmen könnten. Eine Delegation der Weltbank traf in der besonders stark verwüsteten Industriestadt Izmit östlich von Istanbul ein, um abzuschätzen, was für den Wiederaufbau benötigt wird. Der für die Türkei zuständige Abteilungsleiter der Weltbank, Ajay Chhibber, sagte der Agentur Anatolien, in den kommenden Tagen werde zusammen mit den Behörden und türkischen Geschäftsleuten eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Eine Delegation der Internationalen Währungsfonds (IWF) wird im September in Ankara erwartet, um die Modaliäten für einen Notfallkredit in Höhe von 330 Millionen Dollar auszuhandeln. Nach Angaben der UNO schätzt die türkische Regierung die Schäden auf 10 Milliarden Dollar.

Ecevit sagte am Samstagabend, mit von der US-Regierung unterstützten Anleihen zur Finanzierung des Baus neuer Häuser könne die Türkei ihre wirtschaftlichen Probleme mindern. Die Zeitung Milliyet berichtete, Japan und die Niederlande hätten angeboten, 43.000 vorgefertigte Unterkünfte zu liefern. Die USA planten, Zeltstädte für mehr als 20.000 Menschen bereitzustellen.

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