Gastkommentar: Zurück auf Los
■ Bei Null anzufangen würde den Prozess gegen Safwan Eid überflüssig machen
Jochen Strebos hat sich Unmögliches vorgenommen. Von der Vergangenheit habe er genug gehört, meinte der Vorsitzende Richter im Prozess um den Lübecker Brandanschlag. Nun gelte es, neu anzufangen. Wo aber befindet sich in diesem Verfahren der Punkt Null? Bei der Entscheidung des damaligen Staatsanwalts Michael Böckenhauer, einzig auf der Grundlage widersprüchlicher Aussagen eines Zeugen gegen Eid zu ermitteln? Oder bei der Bestätigung eines Haftbefehls gegen den Libanesen, der mit Hilfe einer aktenkundig falschen Angabe Böckenhauers ausgestellt wurde?
Wer von vorne anfangen will, müsste untersuchen, warum sich wichtige Beweismittel bei den Ermittlern verflüchtigen konnten. Warum wochenlang verheimlicht wurde, dass Mediziner bei den Männern aus Greves-mühlen Brandspuren fanden. Und er müsste prüfen, warum Böckenhauer sich trotz Tatverdacht geweigert hat, gegen die vier Haftbefehl zu beantragen.
Dann würde sich herausstellen, dass der Prozess gegen Eid nie hätte eröffnet werden können, hätten die Ankläger mit nur annähernd gleicher Akribie die Indizien gegen die Deutschen verfolgt.
Zurück auf Los hieße also, was die Verteidigung erfolglos gefordert hat: Böckenhauer zu vernehmen. Kein anderer kann besser erklären, wie es zu diesen einseitigen Ermittlungen und ominösen Pannen kam. Danach hätte sich der Prozess gegen Eid wohl von selbst erledigt. Der zweite Effekt: Ganz im Sinne von Richter Strebos müssten die Ermittler möglicherweise von vorne anfangen – und gegen die ermitteln, gegen die tatsächlich Verdachtsmomente vorliegen. Aber Strebos hat sich eben Unmögliches vorgenommen.
Wolf-Dieter Vogel, Herausgeber des Buches „Der Lübecker Brandanschlag“
siehe Seiten 5 und 22
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