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■  Für die Bundesregierung hätte es kaum schlimmer kommen können: Nach den starken Verlusten bei den Wahlen in Brandenburg und im Saarland wird es für die rot-grüne Koalition noch schwieriger als bisher, für zustimmungspflichtige Gesetze eine Mehrheit zu bekommenKaum Halt auf der abschüssigen Bahn

Die Frage gefiel Gerhard Schröder gar nicht. Ob er denn am Sonntagabend noch einmal versichern werde, er habe verstanden, so wie nach der SPD-Niederlage bei den Europawahlen? Das wollte ein Journalist beim ersten Auftritt des Bundeskanzlers vor der Bundespressekonferenz in Berlin wissen. Der mochte in das gedämpfte Gelächter im Saal nicht einstimmen.

Kein Wunder. Schließlich stand Schröder als Verlierer der Landtagswahlen schon lange fest: spätestens seit der saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt sein Heil im Wahlkampf im offenen Widerstand gegen den Kurs der rot-grünen Bundesregierung gesucht hatte. Wie immer die Wahlen ausgehen würden – einen Erfolg der saarländischen SPD hätte sich der Kanzler in keinem Falle ans Revers heften können.

Hoffnungsfroh dürfte Schröder dem Wahlabend also ohnehin nicht entgegengesehen haben. Bereits die ersten Hochrechnungen aber zeigten, dass es für die Bundesregierung kaum schlimmer hätte kommen können: In Brandenburg, wo Ministerpräsident Manfred Stolpe eher zurückhaltende Kritik am Schröder-Kurs hatte laut werden lassen, muss die SPD nach einem Koalitionspartner suchen und stürzte in der Wählergunst steil nach unten.

Im Saarland lieferten sich SPD und CDU zu Beginn immerhin noch ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, bevor sich dann auch dort der Regierungswechsel abzeichnete. Unabhängig davon wurde dem aufmüpfigen Ministerpräsidenten Klimmt ausdrücklich ein gutes Zeugnis ausgestellt: 70 Prozent der Befragten bescheinigten ihm einer ZDF-Umfrage zufolge, er leiste gute Arbeit. Etwa 90 Prozent der Saarländer hätten „gegen Schröder“ gestimmt, interpretierte die CDU-Generalsekretärin Angela Merkel das Ergebnis.

Ein „Glücksgefühl, dass sich die Arbeit gelohnt hat“, verspürte Jörg Schönbohm, CDU-Spitzenkandidat in Brandenburg angesichts seines Wahlerfolges. Das ist ein Gefühl, dass die Mitglieder der rot-grünen Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt noch nicht kennen lernen durften. Und in Zukunft wird es für sie noch schwieriger als bisher. Zwar ging es gestern nicht um die Mehrheit im Bundesrat. Die war schon seit dem CDU-Sieg bei den hessischen Landtagswahlen perdu. Aber nun wird es für die Berliner Koalition noch schwieriger als bisher, für zustimmungspflichtige Gesetze eine Mehrheit zu bekommen.

Und für den SPD-Vorsitzenden ist es auch nicht leichter geworden, die verunsicherte Partei auf Kurs zu halten. Sein neuer Generalsekretär Franz Müntefering wird sich auf seinem künftigen Posten nicht langweilen.

Gerhard Schröder hat das Image des glanzvollen Siegers verloren. Ungewöhnlich lange hat er gestern die Journalisten auf eine erste Stellungnahme warten lassen. Er müsse das Ergebnis „wohl erst einmal verdauen“, vermutete ein Fernsehkorrespondent. „Enttäuscht und auch traurig“ zeigte er sich schließlich, aber er warnte zugleich: Das sei nicht mit einem „Mangel an Kampfeswillen“ zu verwechseln.

Es ist für Schröder eine noch immer ungewohnte Rolle, Niederlagen eingestehen zu müssen. Vieles spricht jedoch dafür, dass er diese Rolle öfter spielen muss. Die Mehrheit steht gerne auf der Seite des Siegers. Hat einer diesen Nimbus erst einmal verloren, wird es für ihn immer schwieriger, auf der abschüssigen Bahn noch einen Halt zu finden. Niederlagen haben ein eigenes Gesetz der Serie.

Diese bittere Erfahrung müssen derzeit auch Bündnis 90/Die Grünen machen. Mit einem Wahlerfolg in Brandenburg hatten selbst eingefleischte Optimisten in ihren Reihen nicht mehr gerechnet. Im Blick auf das Saarland aber war aus Kreisen des Parteivorstands noch vor wenigen Tagen zu hören, interne Umfragen berechtigten dort durchaus zur Hofnung.

Auch diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Während Außenminister Joschka Fischer weiterhin der populärste Politiker der Republik ist, stellt sich für seine Partei die Überlebensfrage. Die FDP, von deren Kurs manche Grüne ein wenig abkupfern möchten, war den Wahlforschern und Kommentatoren gestern kaum mehr als einen Halbsatz wert – weniger als die PDS, die sich Stolpe nun als Koalitionspartner empfiehlt.

Einer fehlte gestern abend auf den Bildschirmen: Oskar Lafontaine. Ob der ehemalige SPD-Vorsitzende seinen Rücktritt jetzt nicht doch bereut? Der Kampf um die Macht zwischen und ihm und Gerhard Schröder wäre ohne sei nen Schritt vielleicht noch nicht endgültig entschieden.

Bettina Gaus, Berlin

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